Haben Sie schon einmal gezählt, wie viele Male Sie täglich durch eine Tür gehen? Und wie viele verschiedene Türen es gibt! Sie unterscheiden sich in Größe, Form, Material, Gestaltung, Farbe, Zweck, Alter und Benutzerfrequenz.
Geht man durch eine hindurch oder schaut man durch eine in einen anderen Raum, sieht man immer etwas anderes. Nun gibt es außer diesen Türen auch welche im übertragenen Sinne: Man spricht von der Herzentür, die man jemanden oder für etwas öffnet oder die auch verschlossen bleibt. Sogar der Mund wurde in der Literatur schon als "Tür" bezeichnet.
Ja - auch unsere Worte sind Türen. Es gibt auf der Welt schier unzählige Worte. Mit unseren Worten, mit unseren Reden wollen wir uns ausdrücken, verständlich machen, etwas erklären. Und jedes hat seine Bedeutung, jedes Wort ist eigentlich eine "Tür zur Klarheit" - wenn man es recht gebraucht.
Der große deutsche Sprachgelehrte Philipp Melanchthon:
"Jede menschliche Gemeinschaft, die Art und Weise der Einrichtung des öffentlichen und privaten Lebens und unseres gesamten Lebensunterhaltes, schließlich aller Handelsverkehr wird durch die Rede aufrechterhalten."
"Deshalb: Wenn wir nämlich gewisse Richtlinien des sprachlichen Ausdrucks nicht gründlich lernen, können wir weder unsere eigenen Gedanken darlegen, noch die Schriften früherer Zeit verstehen. Kluge Leute wissen nämlich aus Erfahrung, dass nicht schwieriger ist, als über irgendeinen Gegenstand deutlich und durchsichtig zu reden."
Sosehr also die menschliche Sprache von unschätzbarem Nutzen ist und ohne dieselbe gar nichts ginge, sind doch auch die Gefahren des absichtlichen oder auch unbeabsichtigen Missbrauchs ständig gegenwärtig. Darüber muss man sich klar werden.
Darum haben wir, die wir alle mit Worten und der Sprache ständig umgehen, eine große Verantwortung, da wir mit Worten Klarheit oder Verdunkelung schaffen können, Beziehungen aufbauen oder niederreißen, ermutigen oder deprimieren, die Wahrheit sagen oder lügen, Weg weisen oder irreführen können.
Und was gar nicht geht: Wenn Menschen in politischer und gesellschaftlicher Verantwortung andere in Fäkalsprache öffentlich diskriminieren, wie unlängst geschehen. Egal nämlich, wie ein Mensch denkt, handelt oder gesinnt ist, hat er doch eine von Gott gegebene Würde, die - auch laut Grundgesetz unantastbar ist. Das sollte bei allen berechtigten Auseinandersetzungen nie unbeachtet bleiben.
Tatsächlich bedeutet jedes Wort ursprünglich eine "Tür zur Klarheit", die es im Bedarfsfall zu öffnen gilt oder deren Öffnung man von einem anderen Menschen erbitten oder erwarten kann.
Unabhängig davon, woran Sie glauben oder nicht, werden Sie - nicht zuletzt aus eigenem Interesse - auch dem Lehrsatz Jesu zustimmen: "Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel." Denn gut ist, wenn man sich auf das Wort eines Mitmenschen verlassen kann.
Wenn diese Verlässlichkeit wieder Einzug hielte in die Menge der von uns am meisten geschätzen Dinge des Lebens, würde es uns allen besser gehen und wir könnten uns manchen unnötigen Verdruss ersparen. Wort und Tat - eine Einheit, das ist wahrhaftig göttlich!
Ich wünsche Ihnen, dass sich Ihnen und Ihren Mitmenschen durch Worte - gesprochen, gehört oder gelesen - Türen zur Klarheit öffnen in dem Sinne, wie es einmal der Völkerapostel Paulus ausgedrückt hatte:
"Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt." Darauf ruht gewiss Segen.
Viel Freude beim Lernen durch Ausporbieren wünscht Ihnen mit herzlichem Gruß - Ihr Pfarrer Manfred Greinke.