(geschrieben und vertont von Pfarrer Manfred Greinke, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Vilshofen/Eging am See)
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde Christi!
In meinem heutigen Samenkörnlein-Vortrag geht es um das Thema: Die Taufe. Ich möchte damit meinen derzeitigen Erkenntnisstand dazu darlegen.
Die Taufe ist ein Sakrament, ein Heilsmittel. Wir haben als Evangelische ja zwei Sakramente im Unterschied zur römisch-katholischen Kirche, die sieben Sakramente kennt.
Martin Luther hat nach biblischen Kriterien alle sieben geprüft und eben diese beiden, Taufe und Abendmahl als von Christus gebotene anerkannt.
Beide Sakramente eint zudem die Formel Element + Wort = Sakrament.
Beim Abendmahl sind die Elemente Brot und Wein, dem hinzukommen die Einsetzungsworte Jesu, wie sie u. a. Paulus im 1. Korintherbrief (11, 23-25) überliefert hat.
Bei der Taufe ist es das Wasser, verbunden mit der Taufformel gemäß der Taufweisung Jesu am Ende des Matthäus-Evangeliums (28,20). Ich nenne sie später noch im Wortlaut.
Freilich hat man zunächst nur in Flüssen oder sogar Seen durch Untertauchen getauft, später dann auch vor einer Kirche oder in deren Eingangsbereich oder gar in einer gesonderten Taufkapelle Säuglinge in einem tief ausgehöhlten großen Naturstein.
Bei Erwachsenenentaufen setzte sich allmählich das Begießen oder Besprengen mit Wasser durch. Es gibt auch vereinzelt sogenannte Baptisterien, also große Becken, wo auch ein erwachsener Mensch ganz untergetaucht werden kann. Das ist beispielsweise in der um 2010 renovierten Taufkirche Luthers "Peter und Paul" in Eisleben der Fall, die ein solches Baptisterium bekommen hat.
Und allmählich setzte sich auch eine gewisse Architektur der Taufsteine durch. Ich habe runde, 4eckige, 5eckige, 6eckige, 8eckige und sogar 12eckige gesehen. die häufigste Form ist die 8eckige. Die ist meiner Meinung nach die beste, denn gemäß biblischer Zahlensymbolik bedeutet die 8 Tod und Auferstehung bzw. Neuanfang.Luther sagt ja, dass in der Taufe das gottlose Wesen ersäuft wird und der neue Mensch in Christus aus der Taufe aufersteht.
In evangelischen Kirchen finden wir den Taufstein ziemlich weit vorne seitlich oder in der Mitte vor dem Altarraum.
Foto Greinke: Hölzener Taufstein in der Erlöserkirche Vilshofen.
Es gibt meines Erachtens 2 Wurzeln der Taufe. Die tiefere der beiden finden wir im Alten Testament in der Beschneidung im Neuen Testament in der Taufe des Johannes im Jordan.
Die Beschneidung, seit Abraham im alten Israel gebräuchlich, wurde sie zum Symbol des Bundes zwischen Gott und seinem Volk und zum Kennzeichen der Zugehörigkeit zum Gottesvolk. Vollzogen wurde und wird sie durch das Abtrennen der Vorhaut am männlichen Glied - in früherer Zeit bei Jünglingen, später bei Neugeborenen Knaben am 8. Tag nach der Geburt. Mädchen wurden in Israel nicht beschnitten.Dass Gott mehr erwartet als nur die äußere Beschneidung, sagt der Aufruf zu einer "Beschneidung des Herzens" im 5. Buch Mose (10,16; vgl. Kolosser 2,11), der auf eine Umwandlung des inneren Menschen zielt. Es ist also eine symbolische Trennung vom gottlosen, egoistischen Wesen, in das jeder Mensch hineingeboren wird; er wird befreit zu einem liebevollen Wesen, das auf das Wohl der Mitmenschen und der Gemeinschaft mehr Wert legt als auf eigene Vorteile.
In den frühen judenchristlichen Gemeinden entstand die Frage, ob man Nichtjuden, die Christen werden wollten, beschneiden und damit zuerst in das Judentum aufnehmen müsse. Paulus wehrte sich gegen eine solche Forderung mit Leidenschaft, wie im Galaterbrief steht (5,1-15).
Die Taufe hatte jedoch ihren eigentlichen Ursprung bei Johannes dem Täufer, der am Rande der Wüste östlich des Flusses Jordan Umkehr zum Gehorsam zu Gott und zu sozialem Verhalten gemäß der TORaH, der Weisungen in den 5 Büchern Mose, predigte. Er taufte im Jordan all diejenigen, die ihre Verfehlungen einsahen und loswerden wollten und zu einem Neuanfang bereit waren (Markus 1,1-8).
Johannes Predigt am Rande der Wüste östlich des Jordans.
Es war die Taufe durch Johannes ein rituelles Bad, eine rituelle Reinigung, ein äußerer Vorgang, der eine innere Veränderung der Gesinnung zeigte.
Rituelle Ganz- und Teilwaschungen und rituelle Bäder gab und gibt es in allen Religionen. Neu und einzigartig an der Taufe ist, dass man diese rituelle Reinigung mit Wasser nicht selbst an sich vollzieht, sondern ein anderer. Und dass sie - zumindest sowohl nach evangelischem wie auch nach katholischem und orthodoxem Verständnis - nur einmal im Leben geschieht.
Die kleine Sonne auf der Landkarte zeigt, wo Johannes getauft hat-
Jesus selbst hatte sich auch von Johannes taufen lassen. So bezeugen es die Evangelien, z. B. in Markus 1,9-11. Er ist also auch vom Ostufer aus in den Jordan hineingestiegen und hat den Fluss am Westufer verlassen, so auch alle anderen Getauften. Warum diese geographische Sache so wichtig? Johannes der Täufer wollte damit gleichsam alles auf Anfang setzen, wir würden modern sagen, die "Reset-Taste" drücken, damit die Getauften rituell gereinigt und mit einer neuen Gesinnung den Einzug ins "Gelobte Land" vollziehen. Für Jesus muss dieses "Gelobte Land", welches Gott den Israeliten verheißen und nach 40jährigem Wüstenaufenthalt auch gegeben hatte, das Symbol gewesen sein für das "Reich Gottes".
Übrigens: Der Jordan ist der tiefstgelegene Fluss der Erde. Sein hebräischer Name JaRDeN bedeutet: "Herabsteigender Fluss". Und seine Mündung liegt etwas 415 m unter dem Meeresspiegel. Die Taufstelle Jesu liegt wahrscheinlich ca. 10 km nördlich davon.
Foto Greinke: Wahrscheinlich Taufstelle Jesu im Jordan - Blick nach Nordosten.
Von Jesus wird berichtet, dass er nicht selber getauft hat, sondern seine Jünger (Johannes 4,2). Ich zitiere jetzt den sogenannten "Taufbefehl Jesu", den ich schon anfang andeutete. Das militärisch anmutende Wort "Befehl" ist in unserem modernen Sprachgebrauch eher unpassend - ich spreche lieber von der "Taufweisung Jesu". Die hat folgenden Wortlaut:"Mir ist gegeben alle Vollmacht im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." Das steht am Ende des Matthäus-Evangeliums (28, 16-20).
Die christliche Taufe wurde zunächst nur an Erwachsenen vollzogen, aber schon bald nach Beginn der Ausbreitung des christlichen Glaubens wurden auch Kinder getauft. Das liegt wohl daran, dass es in der Antike undenkbar war, dass innerhalb eines Hauses die Familienmitglieder verschiedenen Religionen angehörten. Die Bedeutung der Taufe erweiterte sich damit hin zum Aufnahmeritus in die christliche Gemeinschaft und damit auch zum Symbol des neuen Bundes zwischen Gott und seinem Volk.
Was wirkt die Taufe?
1. Vergebung der Sünden.
2. Befreiung von der Übermacht des Bösen.
3. Aufnahme in die Gemeinschaft der Christen.
4. Heil und ewiges Leben.
Was bedeutet die Taufe für jeden von uns?
1. Gott hat mich durch Jesus Christus erlöst (Jesaja 43,1b), sagt Ja zu mir und nimmt mich in seine Gemeinschaft auf. Ich bin sein Eigentum.
2. Sie ist ein Bundesschluss. Gott ist der stärkere Bündnispartner und schützt mich.
3. Ich bin eingegliedert in den Leib Christi (1. Korinther 12,27).
Unsere Tauftradition.
In unseren christlichen Familien werden Kinder meist im 1. Lebensjahr und am besten während eines Gottesdienstes in einer Kirche getauft. Es gibt aber auch gesonderte Taufgottesdienst. Das Köpfchen des Kindes wird vom Paten über dem Taufbecken gehalten . Der Pfarrer oder die Pfarrerin tauft es durch 3maligen Übergießen bzw. Besprengen mit Wasser. ER oder SIE spricht dabei die Taufformel: "(Name), ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Mit dieser Taufformel ist die Taufe rechtsgültig. Getaufte Kinder haben einen oder mehrere Paten.
Wenn man mich fragen würde: "Wann ist der beste Zeitpunkt für die Taufe eines Kindes?" würde ich antworten: "Am 8. Lebenstag. Ansonsten gilt: Je früher desto besser. Freilich: Ist das Leben des Neugeborenen gefährdet, hat die Nottaufe hier ihren Sinn. Dieselbe kann im Zweifelsfalle von jedem Christen durchgeführt werden und sollte dann unverzüglich dem zuständigen Pfarramt gemeldet werden.
Die Taufe eines Kindes wird später vervollständigt durch die Konfirmation, in welcher sich ein Religionsmündiger zu seiner Taufe und zum Glauben an den Dreieinigen Gott in eigener Verantwortung bekennt. Aber auch Erwachsene aus nichtchristlicher Herkunft können sich taufen lassen.
Noch einen weiteren Aspekt zum Thema Kindtaufe möchte ich an dieser Stelle ansprechen: Unser Kirchenrecht setzt bei der Kindtaufe voraus, dass im Normalfall zumindest ein Elternteil getauft und unserer Evangelisch-Lutherischen Kirche angehört. Ob das biblisch gerechtfertigt ist, darüber muss wohl noch nachgedacht werden angesichts der guten Sitte im Taufgottesdienst, wenn bei einer Kindtaufe vorgelesen wird, wie Jesus die Kinder zu sich ruft und sie segnet, nachdem er gegenüber den Jüngern ausgerastet war, die die Kinder von Jesus fernhalten wollten.
Bild Paula Jordan: Jesus ruft die Kinder zu sich und segnet sie.
Niemand weiß, wessen und was für Kinder es waren. Und Jesus hat keine Vorbedingung gestellt noch Unterschiede gemacht, sondern gesagt: "Solchen gehört das Reich Gottes." Solchen, ohne Ausnahme. Alle Kinder haben also von Jesus her den Anspruch auf das Reich Gottes.
Es gibt zum Thema Taufe ein schönes Bild aus der Bibel-Bilder-Serie von Paula Jordan. (Ihr Name: Welch ein sinniger Zufall!). Jesus steht bis zu den Knien im Jordan nahe des Ufers. Johannes kniet am Ufer und begießt Jesus mit einer Schale Wasser. Das entspricht natürlich nicht ganz der historischen Tatsache, aber baut eine Brücke zu unserer Tauftradition.
Bild Paula Jordan: Johannes tauft Jesus im Jordan.
Apropos Brücke: Die Taufe ist auch eine Brücke zwischen den Menschen. Denn sie wird von den großen christlichen Kirchen gegenseitig anerkannt. Gott sei Dank!
Viel Freude im Neugelernten wünscht mit herzlichem Gruß - Manfred Greinke.
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