Heute sind wieder die Glocken des Eginger Gemeindezentrums dran, uns zu Andacht und Besinnung einzuladen. Denn wer sich nicht besinnt, kommt leicht von Sinnen.
"Aus tiefer Not lasst uns zu Gott von ganzen Herzen schreien, bitten, dass er aus seiner Gnad uns woll vom Übel befreien und alle Sünd und Mssetat, die unser Fleisch begangen hat, als Vater uns verzeihen." So heißt es in einem Bußtaglied unseres evangelischen Gesangbuches unter der Nummer 144, dessen Melodie in dem kleinen folgenden Orgelstück eingearbeitet ist.
Wir besinnen uns und feiern Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Ja, wir sind in diesen Zeiten tatsächlich in gewissem Sinne in tiefe Not geraten und wie es mal einer sagte: "Schuld sind wir immer wieder selber." Das stimmt. "Wir": Damit meine ich die ganze Christenheit, die - vor allem in unseren Breiten - so wenig Zusammenhalt, so wenig Treue zu Gott und zueinander, so wenig Glaubensmut und Tapferkeit zeigt und eher durch feige Anpassung an "die Welt" auffällt.
Es mag naiv klingen, wenn ich immer wieder betone: Würden alle Christen sich ihres Eins-Seins in Christus bewusst sein und danach tun, gäbe es wohl manche der Nöte nicht, die uns und andere Völker getroffen haben, und das Herzeleid vieler Betroffener gäbe es auch nicht, jedenfalls nicht in dem Maße.
Wehe aber denen, die es verursachen! Denn: "Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi," schreibt Paulus in seinem "Tränenbrief", dem 2. Brief an die Korinther, Kapitel 10, Vers 5a. Es ist der Wochenspruch für die vorletzte Woche im Kirchenjahr und klingt bedrohlich. Im Mittelalter bis hin zum jungen Luther hatten die Menschen große Angst vor Christus, dem Weltenrichter. Sie waren bereit, alles dafür zu geben, nur dass der Weltenrichter ihnen gnädig gestimmt sein möge und sie nicht ins höllische Feuer schicke.
So schräg auch diese mittelalterliche Mentalität uns vorkommen mag, und so falsch es auch ist, Christus, den Weltenrichter durch fromme Leistungen beeindrucken zu wollen: Die meisten Menschen waren jedenfalls dem Weltenrichter gegenüber nicht gleichgültig. Das ist anerkennungswert.
Und eine gewisse Sensibilität und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen für das Leid, dass man anderen Menschen, die einem anvertraut sind, zugefügt hat, hat sich irgendwie durch die Jahrhunderte hindurch in Deutschland erhalten, was auch die Einrichtungen des Volkstrauertages, wie dieser Sonntag auch genannt wird, und des Buß- und Bettages zeigen. Immerhin!
"Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse." So der volle Wortlaut. Das klingt auch nach einer letzten Gerechtigkeit, nach der sich viele Menschen sehnen in dieser Welt voller zum Himmel schreiender Ungerechtigkeit und ist auch ein Trost für die vielen darunter Leidenden. Freilich: Sünder sind wir alle und eigentllich kann niemand vor dem hohen Maßstab der Liebe Christi bestehen.
Aber diese Tatsache soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gründe für Fehlverhalten bei den Mächtigen ganz andere sind als bei den armen Menschen. Dass Jesus in der Bergpredigt den Entwurzelten das Reich Gottes bedingungslos zugesagt hat, beweist schon genug, dass ER als Weltenrichter nicht alle und alles gleichsam "in einen Topf wirft", sondern sehr differenziert.
So ist dieser Satz des Apostel Paulus eine Wohlkunde, ein Evangelium und jenseits von allem frommen Leistungsdenken dennoch Ansporn, seine Ehre darein zu setzen, IHM wohlzugefallen. Es ist nämlich durchaus kein Fehler, Christus gefallen zu wollen, ganz im Gegenteil: Das schönste und edelste allen menschlichen Strebens. Dazu möchte ich ermutigen und zwar in Vorfreude auf den Weltenrichter. "Was wird Jesus dazu sagen?" Ein scharfes Gewissen, weiß meist die richtige Antwort. -AMEN-
Zwei Lieder seien heute besonders empfohlen: 145 Wach auf, wach auf du deutsches Land und 149 Es ist gewisslich an der Zeit.
Zu Andacht und Besinnung gehört das Beten. Wir laden dazu ein:
Lieber Herr Jesus Christus! Du wirst kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. So bekennt es die Christenheit seit alters her. Erbarme dich unser und mache uns sensibel für diese Wahrheit. Führe alle, die in Angst leben zur Freiheit der Kinder Gottes und pflanze tief in unsere Herzen den Wunsch, dir zu gefallen und dem Maßstab der Liebe zu entsprechen. Der du eins bist mit dem himmlischen Vater, zu dem wir immer rufen:
VATER UNSER IM HIMMEL......-AMEN-
Wie immer, beenden wir unsere Andacht mit der Segenszusage und einem kleinen Orgelstück. Das heutige in G-Dur und stammt aus einer Sammlung, die Georg Friedrich Händel in England komponiert hat.
Eine besinnliche Woche wünschen mit herzlichen Grüßen, Ihr Pfarrer Manfred Greinke und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-