"Das alte Jahr vergangen ist." So lautet der Titel des Choralvorspiels, welches wir soeben aus Bachs berühmtem Orgelbüchlein hörten, und zwar mit einer hervorgehobenen und sehr reichlich verzierten Melodie.
Der Text der ersten Strophe lautet:
Das alte Jahr vergangen ist; wir danken dir, Herr jesu Christ, dass du uns in so großer G`fahr so gnädiglich behüt`dies Jahr.
Und nach diesem Dank folgen 5 weitere Strophen mit Bitten, das weitere Leben im neuen Jahr und bis zum Lebensende betreffen. Es entspricht dem Grundmuster aller Lieder zum Jahreswechsel. Wir finden dieses Lied im Evangelischen Gesangbuch unter Nr. 59.
Und damit: Herzlich Willkommen also zur ersten Andacht im neuen Kalenderjahr 2023.
Wir feiern sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Ein neuer Tag ist da. Mit dem heutigen 1. Sonntag nach dem Christfest beginnen eine neue Woche, ein neuer Monat und ein neues Jahr. Zu jedem dieser Zeitabschnitte gibt es einen Bibelspruch, leicht zu finden im Losungsbüchlein als Begleitwort, ja vielleicht sogar als Engel, als Bote Gottes, der uns behüten will auf unserem Weg durchs Leben. Und da, wo kein Weg ist, sondern nur Wüste, will das göttliche Licht hinscheinen und wegbereitend wirken. Das erlebte nach biblischer Überlieferung eine junge ägyptische Frau namens Hagar. Sie war eine antike Magd und Leihmutter von Abraham und Sara, die damals noch Abram und Sarai hießen. Es kam zum Konflikt zwischen Sarai und Hagar, was Letztere in die Flucht und in die Wüste trieb. Immerhin fand sie dort im Nirgendwo irgenddwo eine Wasserquelle, wo sie sich erfrischen und ihre Gedanken neu ordnen konnte. Da erschien ihr ein Engel, der ihr sagte, wo es jetzt langgeht. Und sie bekam eine großartige Verheißung, was ihren Sohn betraf, den sie zur Welt bringen würde.
Es ist die erste Begegnung dieser Art zwischen einem Engel und einem jungen Weib. Und es ist ihre Antwort das wohl erste und älteste Glaubensbekenntnis in der Bibel: "Und sie nannte den Namen des HERRN, der mit ihr redete:
"Du bist ein Gott, der mich sieht."
Denn sie sprach: "Gewiss hab ich hier hinter dem hergesehen, der mich angesehen hat." Darum nannte man den Brunnen "Brunnen des Lebendigen, der mich sieht". (2. Mose 16, Verse 13 und 14).
"Du bist ein Gott, der mich sieht."
Das ist die Jahreslosung für 2023. Wir Menschen können vor anderen fliehen oder eine Maske tragen, sei es freiwillig - auch im übertragenen Sinne, damit man unser wahres Gesicht nicht erkennt - oder zwanghaft buchstäblich, wie in den letzten Jahren geschehen, damit wir kein Gesicht zeigen können und gleichsam gesichtslos und damit ein gefährliches Stück entmenschlicht werden. Ja, das alles ist leider möglich und real. Aber nicht vor Gott. ER sieht hinter jede Maske und kennt jedes Gesicht. Denn er hat jedes Menschen Angesicht gemacht, einmalig und unverwechselbar, so sehr sich auch manche ähneln.
Hagar hatte während der Rast in der Wüste eine tiefe und grundlegende Erfahrung gemacht und mit ihren einfachen Worten ausgedrückt. Für sie wirkte diese Wahrheit nicht moralisierend noch bedrohend, sondern beruhigend. Mit neuer Zuversicht kehrte sie zurück und nahm ihre Zukunft aus Gottes Hand an. Das können wir von Hagar lernen.
Die folgende Liedstrophe möge uns helfen, das Vermächtnis der Hagar zu würdigen:
"Du bist Gott, der auf mich schauet, der sein Auge auf mich richt."
Wohl dem, der dir so vertrauet, wie von Hagar wird bericht, die in ihrer größten Not rechnet mit dem höchsten Gott.
Lasst sie uns zum Vorbild nehmen, ihren Glauben oft erwähnen.
Möge Gott einem jeden von uns solch grundlegende Erkenntnis schenken, damit ihr Bekenntnis zu unserem Bekenntnis wird. -AMEN-
Ganz in diesem Sinne sei auch unser Gebet:
Lieber Herr und Gott, du hast Dich der Hagar in ihrer Not offenbart, ihr gezeigt, wie wichtig sie dir ist und sie froh und zuversichtlich gemacht, dass sie ihren zukünfigen Weg angenommen hat. Dafür danke ich Dir und bitte dich: Schenke und erhalte auch mir die Gewissheit, dass Du mich kennst, auf mich behütend schaust und meinen Weg erhellst, sodass ich ihn sicheren Schrittes gehen kann. Dasselbe bitte ich für die vielen orientierungslosen Menschen. Gib dich in diesem Jahr vielen zu erkennen, als der, der auf sie schaut.
VATER UNSER IM HIMMEL........-AMEN-
"Puer natus in Bethlehem" - zu Deutsch: "Ein Kind, geborn zu Bethlehem, zu Bethlehem, des freuet sich Jerusalem, Halleluja, Halleluja."
Mit diesem lateinischen Weihnachtslied aus dem 14. Jahrhundert in seiner 4stimmigen Vertonung von Samuel Scheidt klingt unsere Andacht nachher aus.
Seien Sie gewiss, dass Gott, unser HERR auch im neuen Jahr väterlich behütend und bereitend auf Sie schaut.
Wir verbleiben mit herzlichen Grüßen, Ihr Pfarrer Manfred Greinke und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-