Der Klang der Eginger Glocken kündigt gute Nachrichten für schwere Zeiten an, zu denen wir sie herzlich begrüßen.
Wir sind in der Woche der "Vorfastenzeit" angelangt, die uns am Aschermittwoch in die Passionszeit führt. Estomihi heißt dieser Sonntag, was auf Deutsch bedeutet: "Sei mir" - zugegebenermaßen ein komischer Name. Sein Ursprung ist im Psalm 31 zu finden, in dessen Vers 3 der folgende Satz steht: "Sei mir ein starker Fels, dass du mir helfest."
Es gibt eine schon im Judentum verwurzelte Tradition: Das erste Wort oder die ersten Wörter eines Satzes oder ganzen Textes bilden einen Namen. Der Psalm 31, der diesen Satz enthält, wird auszugsweise in dieser Kirchenjahreszeit oft gebetet oder gesungen.
"In dich hab ich gehoffet, Herr: / hilf, dass ich nicht zuschanden werde / noch ewiglich zu Spotte. / Das bitt ich dich: Erhalte mich / in deiner Treu, mein Gotte."
So heißt die erste Strophe des Liedes zum Psalm 31. Wir finden es im Evangelischen Gesangbuch unter Nr. 275. Die Orgel spielt in einer kleinen Fughette mit dem Anfangsmotiv.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Pierre Brully - ich hoffe, seinen Namen einigermaßen richtig ausgesprochen zu haben - steht für den 19. Februar im Evangelischen Namenskalender. Das war ein mutiger Pfarrer, der zum Märtyrer wurde. Geboren um 1518 in Metz in Lothringen, also im heutigen Nordosten Frankreichs, wurde er als Erwachsener zunächst Dominikanermönch. Wegen seiner Hinwendung zum Calvinismus, das ist die schweizerische Form der Reformation, musste er das Kloster verlassen und kam 1541 als Nachfolger Calvins in die freie Reichsstadt Genf. Dort betreute er die geflohenen französischen Christen.
Als die unter der Verfolgung leidenden Reformierten in Flandern (heutiges Belgien) nach einem Prediger fragten, ging Brully im September 1544 in der Verkleidung eines Kaufmanns dorthin und predigte in verschiedenen Städten. In einer dieser wurde er enttarnt, gefangen genommen und am 19. Februar 1545 auf dem Marktplatz auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.
Immer wieder gab es in der Geschichte des Christentums mutige Christen, auch unter denen hinter Klostermauern und unter Pfarrern, die auf die Verderbtheit der Machthaber und auf Fehlentwicklungen innerhalb der Kirche hinwiesen und den darunter Leidenden das wahre Evangelium von der bedingungslosen Liebe Gottes verkündigt haben. Viele von ihnen wurden verraten, verfolgt, ausgegrenzt und nicht selten hingerichtet. So haben sie Anteil an dem "was an den Leiden Christi noch fehlt, für seinen Leib, das ist die Gemeinde." Wie Paulus im Brief an die Kolosser, Kapitel 1, Vers 24 schreibt.
Ihrer in Dankbarkeit zu gedenken und ihr Vermächtnis mutig und treu zu erfüllen, ist unsere bleibende Aufgabe, umso mehr in diesen Zeiten.
Psalm 31, von dem eingangs die Rede war, spricht vom Vertrauen zu Gott angesichts eigenen Versagens, angesichts von Feinden und Notlagen und der Begrenztheit der eigenen Zeit. Es gibt geradezu ein Auf-und-ab in der Stimmung, wie wir das aus eigenem Erleben reichlich kennen, allerdings mit einer Tendenz aufwärts.
Aufwärts heißt bei Jesus allerdings mit anderem Akzent: "Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn."
Mit diesem Wort aus Lukas 18, Vers 31 - Wochenspruch für diese Überganswoche in die Passionszeit - weist Jesus indirekt auf sein Leiden und Sterben hin und was es bedeutet. Ist das unschuldige und entsetzliche Leiden Jesu die "Vollendung"?
Viele Menschen können ihr eigenes Leiden nicht verstehen und haben deshalb auch mit dem Glauben an Gott ihre Schwierigkeiten. In unserem christlichen Glauben geht es aber genau darum, dass das Leiden wahr-, ernst- und angenommen wird bis zur letzten Konsequenz. Nicht umsonst ist das Kreuz Blickfang in unseren evangelischen Kirchen. Es will uns immer wieder darauf hinweisen, dass das Böse schier unausrottbar ist in dieser Welt. Es kann und soll aber überwunden werden. Ja, wir wollen davon erlöst werden. Das aber kann nur Gott. Und deshalb bitten wir auch im Gebet des Herrn: "Erlöse uns von dem Bösen." Am kommenden Donnerstag, den 19. Februar 2023 ist es das zweite Bibelwort, also der Lehrtext in den Herrnhuter Losungen. Wie allerdings uns Gott vom Bösen erlöst, das mögen wir ihm überlassen, denn er weiß die für uns beste Erlösung. Darauf vertrauen wir. -AMEN-
Auf dieses AMEN folgt nur ein demütiges Gebet, zu dem ich einlade:
Lieber Herr Jesus Christus. Du hast als Mensch in dieser Welt das Leid nicht gescheut, sondern auf dich genommen und so überwunden. Dafür danke ich dir und bitte dich: Stärke mich da, wo ich unschuldig leide und hilf mir auch, es im Glauben zu überwinden. Vergib mir, wo ich anderen Menschen Leid zugefügt habe. Es reut mich von Herzen. Und lehre mich die Geheimnisse des Zusammenhangs von Liebe und Leiden.
HERR, lass mich nicht zuschanden werden; denn ich rufe dich an.
VATER UNSER IM HIMMEL.......-AMEN.
Lied 366: "Wenn wir in höchsten Nöten sein / und wissen nicht wo aus noch ein, / und finden weder Hilf noch Rat, / ob wir gleich sorgen früh und spat, / so ist dies unser Trost allein, / dass wir zusammen insgemein / dich anrufen, o treuer Gott, / um Rettung aus der Angst und Not."
Diese Worte mögen uns Richtung geben für die neue Woche und für den Lernprozess, der auch immer mit Leiden und Gottvertrauen verbunden ist. Die Melodie dazu erklingt als Nachspiel in einem Orgelchoral von Samuel Scheidt aus dem 17. Jahrhundert.
Großes Vertrauen zu dem Gott, der auch Herr ist über alles Leiden, wünschen mit herzlichen Grüßen,
Ihr Pfarrer Manfred Greinke und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-