Die beiden Kirchenglocken der Vilshofener Erlöserkirche, die wir eben gleichsam als Lockruf hörten, befinden sich im Dachreiter. Das ist der kleine Kirchturm der sozusagen auf dem Ddach reitend sitzt.
Herzlich willkommen zur Andacht für die neue Woche, die mit dem heutigen 5. Sonntag der Passionszeit "Judika" beginnt.
Der lateinische Name dieses Tages bedeutet: "Richte". Das kommt vom Psalm 43, Vers 1: "Richte mich Gott und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!" In der Nacht vom vergangenen Dienstag zum Mittwoch war Neumond, wir sind nach dem Mondkalender am 5. Nisan - Knope angelangt. Der erste Mondmonat, der Frühlingsmondmonat ist jetzt da. Warum ist das wichtig? Weil das Auferstehungsfest immer am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond stattfindet, also genau in 2 Wochen. Während im Judentum am 14. Nisan das jüdisch-biblische PeSaCh-Fest gefeiert wird, also dem Mondkalenderdatum entsprechend, feiern zumindest die westlich geprägten Christen die Auferstehung Christi immer am darauffolgenden Sonntag, wenn dieser nicht auf dasselbe Datum fällt.
Von August Karl Theodor Kehrer, der in der ersten Hälfe des 19. Jahrhunderts lebte, hören wir nun ein Orgelstück, dass die Bezeichnung "Langsam" trägt und in d-Moll steht.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Ischtar-Tor von Babylon, der Hauptstandt Babyloniens, im heutigen Irak gelegen, mit seiner Prozessionsstraße wurde in der Herrschaftszeit Nebukadnezar II. (605-562 v. Chr.) errichtet. Es gehörte zu den 7 antiken Weltwundern.
Ischtar-Tor im vorderasiatischen Museum zu Berlin. Foto: Greinke.
Dieses Tor in seiner Pracht hatte die ins babylonische Exil entführten Judäer zunächst sehr fasziniert, und sie müssen ziemlich verwirrt gewesen sein, weil sie noch nie so etwas Großartiges an Baukunst gesehen hatten. Sind die Götter der Babylonier etwa doch größer als der Gott Israels? Gewiss kam diese Frage in ihnen hoch. Ischtar, nach der das Tor benannt wurde, war die babylonische Fruchtbarkeitsgöttin, die der Venus, der Diana, Astarte und auch der germanichen Ostera entsprach. Erst allmählich wich die Bewunderung für diese Stadt mit ihrem schönen Tor der Ernüchterung und die Judäer entwickelten ein Schöpfungsbekenntnis gegen die babylonische Religion mit ihrem Obergott Marduk, der Göttin Ischtar und den Sternen als Untergötter, die mit den Menschen gleichsam wie mit Marionetten spielten.
Prozessionsstraße im vorderasiatischen Museum in Berlin. Foto: Greinke
Es entstand die in der Reihenfolge der Bibel erste Schöpfungserzählung mit den 6 Schöpfungstagen und dem 7., dem Ruhetag, in welcher die Sterne als Nachtlampen qualifiziert sind, ganz nach dem ironischen Motto: "Was ihr Babylonier als Götter verehrt, das sind für uns die Nachtlampen."
Nach ersten Entdeckungen 1897 durch den deutschen Archäologen Robert Koldewey begannen am 26. März 1899, also genau vor 124 Jahren, die Ausgrabungen dieses orientalischen Kulturguts. Es wurde in 2 Etappen und insgesamt 700 Kisten auf dem See- und Flussweg nach Berlin gebracht und dort im Vorderasiatischen Museum aufgebaut und rekonstruiert. Über 30 Jahre später, 193o wurde das Rekonstruktionswerk Ischtar-Tor und seine Prozessionsstraße mit den zu bestaunenden Tier-Reliefs erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es beeindruckt noch heute jeden Besucher.
Prozessionsstra0e mit Ischtar-Tor. Foto: Greinke
Möglicherweise also war dieses Bauwerk Anlass und Impuls zu erkennen und schriftlich festzuhalten, dass der Gott Israels kein schwacher Regionalgott ist, sondern der einzige und allumfassende Schöpfergott. Und dass er sich durchaus nicht im Machtgehabe menschlicher Überheblichkeit spiegelt, sondern in Erkenntnissen durchaus der Unterdrückten. Manchmal führt ja die Not einer Gesellschaft zu ungeahnt neuen Lernschritten, Erkenntnissen und Entwicklungen; und wenn das geschieht, zeugt es von der göttlichen schöpferischen Kraft, die allemal stärker ist als all die zerstörerischen Kräfte und Mächte dieser Welt.
Wie der Name dieses Sonntages "Judika" es schon verrät: Es geht um den Themenkreis von Recht und Gerechtigkeit, aber auch um Rang und Würde. Im Reich Gottes, von dem Jesus dauernd redete und auch mit seinen Taten zeugte, geht es aber nicht darum, auf das eigene Recht zu pochen, sich gar Rechte herausnehmen, eiskalte und knallharte Gerechtigkeit zu üben, die eigene vermeintliche Würde zur Geltung zu bringen und sich von niemanden den Rang streitig machen zu lassen. Nein, darum geht es im Reich Gottes nicht.
Es geht im Reich Gottes darum, Gerechtigkeit für die Schwachen und in allerlei Zwängen Verstrickte zu erwirken, weil sie es selber nicht können, weder vor Menschen noch vor Gott. Hätte Jesus sich Rechte herausgenommen oder äußere Macht ausgeübt, wäre er eingereiht in die vielen vor und nach ihm, die der Welt bis zum heutigen Tage nur Schaden zufügen. Er aber wollte dienen, helfen und retten, ja alles dransetzen bis hin zum eigenen Leben, was er ja dann auch tat ganz gemäß seinem Selbstverständis wie es von ihm überliefert ist: "... wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele." (Matthäus 20, Vers 28) Das ist das göttlich Christus-Prinzip des Gebens.
Psalm 103, Vers 4, die Tageslosung für den kommenden Dienstag, den 28. März 2023 nennt den Grund: .. Denn ER (GOTT) weiß, was für ein Gebilde wir sind: er gedenkt daran, dass wir Staub sind." Wir Menschen können uns selbst nichts verschaffen, ohne andere zu schädigen. Und viele Menschen leiden dann darunter. Der Apostel Paulus hat diese Tatsache eingeordnet in das Leiden Christi. In seinem 2. Brief an die Korinther schrieb er dazu im 4. Kapitel, Vers 10: "...Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde."
Es ist dies zugegebenermaßen die schwerste Lektion, die es für uns Christen zu lernen gibt, wollen wir wirklich nach Christus benannt werden und sozusagen auch wirklich drin ist, was bei uns draußen drangeschrieben ist. Wohl dem der bereit ist für schwere Lernschritte zugunsten des Reiches Gottes. -AMEN-
Wer möchte bete mit mir:
Jesus Christus, unser Heiland! Du bist in diese Welt gekommen, um zu dienen. Du hast mit deinem Leben alles gegeben. Dafür danke ich dir und bitte dich: Schenke und erhalte mir die wahre christliche Gesinnung, hilf mir und allen anderen Christen, das Licht deiner Liebe auszustrahlen. Hilf uns, die großen Nöte dieser Welt zu erkennen und mit der Kraft des Heiligen Geistes heilsam zu wirken. Das bitte ich und noch viel mehr mit deinen Worten!
VATER UNSER IM HIMMEL....-AMEN-
Lied 76 "O Mensch, bewein dein Sünde groß" sei heute mepfohlen. Mit einem Andante D-Dur von Paul Roloff aus dem 19. Jahrhundert beschließen wir unsere Andacht.
Tiefer eindringen in die Zusammenhänge von Leid und Auferstehung, dazu gibt es alljährlich die Passionszeit. Möge sie Ihnen auch heuer zum Segen gereichen.
Mit herzlichen Grüßen verbleiben Ihr Pfarrer Manfred Greinke und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-