Welch anderer Glockenklang! Bisher haben abwechselnd Glocken aus Eging am See und Vilshofen geläutet. Heute aber läuten die Glocken aus Aidenbach. Das liegt 11 km südlich von Vilshofen. Dort steht die 60 Jahre alte Kreuzkirche mit einem ziemlich hohen Glockenturm.
Wie alle Glocken, so rufen auch die Aidenbacher zum Gebet, egal wann und wo Sie sie hören. Darauf weisen wir heute deshalb hin, weil diese neue 5. Woche nach dem Auferstehungsfest mit dem Sonntag Rogate beginnt: Rogate - Betet!
Kreuzkirche in Aidenbach. Foto: Greinke
Der Mondmonat IJaR zeigt sich am 23. tag - wie die anderen Mondmonate in einem umgekehrten D.
Es ist klar, dass am Sonntag Rogate immer und besonders eines einzigartigen Gebetes gedacht wird, nämlich des Lehrgebetes Jesu, das ist das "Vaterunser", auch Gebet des Herrn genannt. Das ist wohl in der Form, wie sie uns in der Bergpredigt Matthäus 7 überliefert ist, auch der bekannteste Bibeltext überhaupt.
In Johann Sebastian Bachs "Orgelbüchlein" gibt es ein Choralvorspiel zur Melodie des Liedes im Evangelischen Gesangbuch 344 "Vater unser im Himmelreich", welches gleich erklingt. Der Liedtext stammt von Martin Luther. Der hatte 1539 das Vaterunser in Reime gebracht und die dazu passende uralte Melodie aus dem 14. Jahrhundert und aus Salzburg hat die Reime singbar gemacht.
Liebe Schwestern und Brüder!
Herzlich willkommen zur Andacht für den Sonntag Rogate 2023 und damit beginnende Woche!
Wir feiern sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Nikolaus von Amsdorf gebührt heute unser evangelisches Gedenken. Er war am 3. Dezember 1483 in Torgau geboren und geschätzter Mitreformator an Luthers Seite. Er begleitete ihn zur Leipziger Disputation 1519 und auch 1521 auf dessen gefährlichen Weg nach Worms und wurde Zeuge der vorgetäuschten Gefangennahme Luthers auf dem Rückweg.
Nikolaus von Amsdorf. Foto: Wikipedia
Als Luther auf der Wartburg war, übernahmen Philipp Melanchthon und er die Führungsrolle und trieben die Reformation weiter voran. Als Bischof von Naumburg war er von 1542 bis 1546 der erste evangelische Bischof Deutschlands. Er war einer der größten Verteidiger der evangelischen Rechtfertigungslehre.
Die letzten Jahre verbrachte von Amsdorf in Eisenach, wo er am 14. Mai 1565 im Alter von 81 Jahren starb. Er wurde in der Georgenkirche zu Eisenach vor dem Altar bestattet, seine Grabplatte ist heute im Altarraum aufgestellt.
Was lernen wir von Ihm? Was wünschte man sich angesichts solcher Männer unserer evangelischen Tradition in diesen Zeiten: Dass jetzige evangelische Bischöfe in Deutschland nicht - wie traurigerweise geschehen - Waffenexport als "christlich" proklamieren, den Einbau von Wärmepumpen als schöpfungsrettend bewerben, und den sich bewusst oder unbewusst über Gott erhebenden und Menschen terrorisierenden Vertretern der sogenannten "Letzten Generation" Tor und Tür öffnen für die Verbreitung ihrer unbiblischen und letztlich satanischen Botschaften, sondern stattdessen wieder die evangelische Rechtfertigungslehre von der bedingungslosen Gnade Gottes lehren. Das und nichts anderes ist und bleibt das Kernstück der Reformation.
Seit langem habe ich mir angewöhnt, am Anfang eines jeden Hauptgottesdienstes zu betonen, dass Gott der Erstrangige bei allem ist. Das Vaterunser betont das auch durch die ersten drei Bitten: Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Erst dann folgen drei Bitten, die uns Menschen betreffen: Unser täglich Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Es ist also ein 6-Bitten-Gebet mit der sehr vertrauensvollen Anrede "Vater unser". Und wie ich schon vor einem Jahr betonte: da schwingt immer der Kose-Begriff "Papi" mit. Welch ein Ur-Vertrauen! Heute möchte ich besonders darauf hinweisen, dass wir mit diesem Gebet jeden Tag das tägliche Brot erbitten, nicht mehr und nicht weniger, und dass dieses "uns" kein ausschließendes ist, sondern wer so betet, selbstverständlich auch für alle Mitmenschen mitbetet. Es ist demzufolge ein Menschheitsgebet.
Und was das Vergeben betrifft: In der aramäischen Muttersprache Jesu wie auch im Hebräischen gibt es keine grammatische Gegenwart, sondern nur Vergangenheit und Zukunft. Deshalb meint die zweite Bitte: "...wie auch wir vergeben haben unsern Schuldigern,..." Wer also selbst nicht vergebungsbereit ist, sollte sich hüten, dieses Gebet zu sprechen.
Sosehr auch alle unsere Gebetsanliegen wichtig sind: Wenn nur das Gebet die Kommunikation mit unserem Schöpfer ist, dann wäre sie einseitig. Zur vollständigen Kommunikation gehört auch das Hören auf die Stimme Gottes bzw. auf die Stimme unseres Hirten Jesu Christi, der eins ist mit Gott. Im Johannes-Evangelium, Kapitel 10, Verse 27 und 28 sagt er: "Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir:, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen." - Lehrtextwort für den 14. Mai 2023.
Es kommt also nicht nur darauf an, dass wir unsere Anliegen Gott nennen, sondern noch mehr darauf, dass wir seine Antwort wahrnehmen und uns seiner Führung anvertrauen. Dazu möchte ich Sie heute ermutigen. -AMEN-
Es bete mit mir, wer irgend kann und möchte:
Lieber himmlischer Vater, Du verwirfst mein Gebet nicht und wendest deine Huld nicht von mir. Du weißt ja, wie ich`s meine und kennst auch meine Schwächen, Ängste, Sorgen, Nöte und Zweifel, ja meinen Unglauben, der mich oft überwältigt.
So bitte ich dich: Führe alle, die leiten und lehren zurück auf den guten Weg der heilsamen Lehre deiner bedingungslosen Gnade! Nimm dich meiner und aller Menschen an. Erbarme dich über die vielen Menschen in all ihren kleinen und großen Nöten, setze allen, die Leid verursachen und Menschen bedrücken, eine deutliche Grenze, lehre uns alle, die Geister und die vielen Stimmen zu unterscheiden, dass wir gewahr werden, welche die Stimme des guten Hirten ist. Das bitte ich dich durch ihn, Jesus Christus, unsern Herrn, der so beten gelehrt hat:
VATER UNSER IM HIMMEL.......-AMEN-
Zum Beschluss unsere Andacht erklingt ein sehr bewegter Orgelchoral über die Melodie des Liedes EG 344 "Vater unser im Himmelreich" von Georg Philipp Telemann, der von 1681-1767 lebte.
Das Gebet ist der Ernstfall des Glaubens", sagte mal ein Fachmann. Und es heißt auch: "Not lehrt beten." Möge jede Errettung aus der Not Sie und uns alle das Danken und den Lobpreis lehren.
Das wünschen mit herzlichen Grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-