Herzlich willkommen zur Andacht der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden Vilshofen-Eging und Aidenbach!
Die Glocken der Vilshofener Erlöserkirche haben heute anders geläutet als sonst, nämlich nicht sozusagen zweistimmig, sondern einstimmig hintereinander: Erst die kleine Glocke mit dem höheren Ton c, dann die größere mit dem Ton a. So läuten sie immer um 19.00 Uhr.
Es erklingt zunächst ein Orgelstück vom englischen Komponisten John Alcock, der von 1715 bis 1806 lebte, mit der Bezeichnung "Grave", das bedeutet: ernst, feierlich, schwer.
Luna
Der Mondkalender zeigt uns den 26. A W an. Das ist also der 26. Tag des 5. Mondmonats, der eigenartigerweise gleichzeitig der vorletzte im Mondjahr ist, denn das biblische Neujahr beginnt mit dem 7. Mondmonat.
Vor 3 Wochen sprach ich davon, dass der 10. Sonntag nach Trinitatis in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem jüdischen Volkstrauertag am 9. A W steht. Nun ist es soweit: An diesem Sonntag gedenken wir evangelische Christen der Ausraubung und Zerstörung des Tempels zu Jerusalem und der ganzen Stadt. Das gab es mehrmals, zuletzt im Jahre 70 durch die Römer.
Die Zerstörung des Tempels zu Jerusalem.
Im evangelischen Lektionar sind sogar 2 große Abschnitte diesem Sonntag gewidmet: "Israelsonntag - Kirche und Israel" und "Gedenktag der Zerstörung Jerusalem" mit jeweils 6 Bibeltextvorschlägen als Predigtext. Beiden gleich ist das biblische Votum, der Wochenspruch:
"Wohl dem Volk, dessen Gott der HERR ist, dem Volk, dass er zum Erbe erwählt hat!" (Psalm 33,12)
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
In einem gewissen Widerspruch steht scheinbar dieser Wochenspruch zu den vielen tragischen Ereignissen in und um Jerusalem im Laufe der gesamten Stadtgeschichte und der des Heiligen Landes überhaupt, welches - wie kein anderes - das Verbindungsstück dreier Kontinente ist mit all seinen natürlichen Gegebenheiten, und mit seinen sich daraus auch ergebenden gesellschaftlichen und politischen Besonderheiten:
So schön das Land mit seinen Pflanzen und Tieren ist, die sonst nur auf einem der Kontinente zu finden sind - seit der Antike bestehen dort Handelswege und viele geopolitische Interessen an diesem einzigartigen Gebiet und Ansprüche darauf.
Es wohnen dort nicht nur Juden, sondern auch messianische Juden, Moslems, Christen verschiedener Herkumft, Samaritaner, Angehörige der Bahai-Religion und anderer kleiner Gruppen. Bis zum heutigen Tag und wahrscheinlich bis zum jüngsten Tag kommen keine Ruhe und Befriedung dort auf, obwohl Jerusalem doch die Stadt des Friedens sein sollte.
Ob es daran liegt, dass nicht nur zu alttestamentlichen Zeiten die dort lebenden Menschen sich in ihrem Lebenswandel den umliegenden Völkern zu sehr angepasst, ja angeglichen haben, anstatt auf die Wegweisung und Zielgebung Gottes zu achten und ihr zu folgen? Denn es soll ja im Verhalten der Menschen deutlich werden, welchem Gott sie zugehören und welches Vermächtnis sie als Erben bekamen. Das galt, als das Psalmwort entstand, zunächst nur für die Nachkommen der 12 Stämme Israels.
Nun aber gilt das auch für alle anderen Menschen, und vorrangig wünsche ich denen im Heiligen Land wohnenden endlich Frieden im Sinne der Tageslosung vom kommenden Dienstag, den 15. August 2023:
"Wenn eines Menschen Wege dem HERRN wohlgefallen, so lässt er auch seine Feinde mit ihm Frieden machen." (Sprüche 16.7)
Und der Lehrtext gibt den Schlüssel für einen gottgefälligen Lebenswandel, der zum äußeren Frieden führt. Jesus sagt in der Bergpredigt Matthäus 5, Verse 44-45:
"Liebet eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel."
Die wahren Bedürfnisse hinter der Feindseligkeit der Feinde entdecken, vielleicht auch deren große Not, und darauf heilsam reagieren - das entfeindet, und zwar nicht nur im Heiligen Land. Das aber ist eine große Kunst, deren bester Lehrmeister nach unserer christlichen Auffassung Jesus Christus mit seinem Heiligen Geist ist. Wenn jemand etwas erbt und will damit glücklich werden, muss er damit richtig umgehen können. Und wer etwas von Gott erben will muss auch lernen, damit umgehen zu können. Vom Erben ist ja die Rede im Wochenspruch.
Gott sei Dank, gibt es Menschen, die das gelernt haben und so zum Nachahmen empfohlene Beispiele geschaffen haben. Ich denke an eine Firma in Israel, wo Juden und Moslems gemeinsam arbeiten, an eine Behinderten-Einrichtung namens "Live-Gate" (Tor zum Leben) für palästinensische Kinder, von Christen geleitet und gefördert, an andere Bildungseinrichtungen, die offen sind für Kinder verschiedener Herkunft und auch an ein gemeinsames Sinfonie-Orchester, um nur einige große Beispiele zu nennen. Das gibt Hoffnung für viele. Möge der himmlische Vater auch durch unser Verhalten erkennbar sein. -AMEN-
Eins der beiden hebräisch-sprachigen Lieder in unseren Evangelischen Gesangbuch steht unter Nr. 444 "Schalom chaverim". Die wörtliche Übersetzung lautet: "Friede, Freunde, Friede, Freunde, Friede, Friede! Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen, Friede, Friede. Wobei "Schalom" mehr bedeutet als nur Friede, sondern auch Gesundheit, Unversehrtheit, Wohlergehen u.a.m..
Was aber auch wichtig ist: Es gibt überall Menschen, die speziell für das Heilige Land, für Israel, für Jerusalem und seine Bewohner um Frieden beten, ja sogar für deren Feinde. Zu ihnen gehören an diesem Sonntag die Teilnehmer evangelischer Gottesdienste und auch Sie, wenn Sie mit mir beten:
Heiliger, treuer Gott, du hast das ganze Volk Israel erwählt. Durch Jesus Christus hast du viele wieder zu Mitbürgern in deinem Reich gemacht. Ich danke Dir dafür und bitte dich: Führe uns alle auf dem Weg des Heils, den du bereitet hast, in die gemeinsame Zukunft mit dir, damit wir aus deinem Frieden leben und dich loben und ehren in Ewigkeit. -AMEN-
VATER UNSER IM HIMMEL......-AMEN-
Mit einem fugenartigen Präludium von Carl August Kern, der von 1836 bis 1897 lebte, beschließen wir nach dem Segensspruch unsere heutige Andacht.
"Wohl dem, ..." bedeutet: "Zu gratulieren ist dem,..." Wenn der HERR Ihr Gott ist, dann ist Ihnen zu gratulieren, dann wird die neut Woche Ihnen eine gesegnete sein. Das wünschen mit herzlichen Grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-