Papst Sabinianus, gestorben 606, soll angeordnet haben, dass die Gebetszeiten des kirchlichen Stundengebets durch Glockenzeichen anzukündigen sind.
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So sehr unsere Evangelisch-Lutherische Kirche papstkritisch ist, hat sie doch eine ganze Menge römisch-katholischer oder altkirchlicher Traditionen beibehalten, so auch das Glockenläuten zum Gottesdienst und zu den Gebetszeiten, morgens, mittags und abends, auch wenn diese von Ort zu Ort verschieden sind, um es höflich auszudrücken; denn es haben sich da gewiss auch Unsitten eingeschlichen.
Auch unserer Andachtsreihe fehlt kein Glockengeläut zu Beginn. Heute war es das der Kreuzkirche zu Aidenbach. Es läutete die Andacht zum 2. Advent 2023 ein, zu der wir Sie herzlich begrüßen. Vielleicht haben Sie schon 2 Lichter auf Ihrem Adventskranz angezündet und es sich gemütlich gemacht und sind nun gespannt auf das, was jetzt kommt. Auf jeden Fall kommt Erstaunliches, Gutes, Hoffung Erweckendes bzw. Stärkendes.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Stellen Sie sich vor: Sie stehen am Meeresufer. Es ist noch oder schon halbdunkel. Am Horizont erscheint ein großes Segelschiff, voll mit langersehnter Fracht. Das Lied im Evangelischen Gesangbuch Nr. 6 greift dieses Bild auf: "Es kommt ein Schiff geladen" ist sein Titel. Hören Sie nun eine kleine Choralbearbeitung für Orgel dazu!
Bild: de.tutiempo.net - 26 KiSLeW
Der 9. Mondmonat KiSLeW ist an seinem 26. Tag angelangt. Nur eine sehr schmale Mondsichel ist bei klarem Himmel noch zu sehen. Heuer hat ja das neue Kirchenjahr sehr spät begonnen. Aus diesem Grund ist erst am 10. Dezember der 2. Advent. Der 10. Dezember ist für uns Evangelische ziemlich geschichtsträchtig.
An 10. Dezember 1520 verbrannte Martin Luther am Elstertor von Wittenberg die päpstliche Bulle Exsurge Domine, Erhebe dich, Herr, die ihm zum Ketzer erklärt hat, und vollzieht damit den Bruch mit der Kirche in Rom.
Initiiert wurde dieses Spektakel von Philipp Melanchthon:
"Auf, du fromme Studentenjugend, sei Zeuge dieses frommen und gottgefälligen Schauspiels! Denn vielleicht ist jetzt die Zeit, da der Antichrist soll offenbar werden."
Luther verbrennt die Bannandrohungsbulle - Gemälde von Paul Thumann 1872.
Luther ungefähr mit diesen Worten:
"Ich Martin Luther, verbrenne heute am 10. Dezember im 1520ten Jahr nach der Geburt des Herrn sämtliche Bücher des Papstes, mit denen er bisher die Welt regiert und Himmel und Erde verkehrt hat: und die Bulle, die mich verdammt Du die Wahrheit Gottes verdorben hast, so verzehre dich heute das Feuer!"
Und es starb am 10. Dezember 1569 Paul Eber. Geboren am 8. November 1511 als Schneidersohn in Kitzingen war er ein evangelischer Theologe, Professor für Theologie, Physik und lateinische Grammatik, Reformator, Oberprediger an der Schlosskirche, Generalsuperintendent und Kirchenliederdichter. Eines der berühmten Weinbergbilder von Lukas Cranach in der Stadtkirche Wittenberg ist ihm gewidmet. Er steht links neben Luther. Von ihm stammt das Lied: EG 366 "Wenn wir in höchsten Nöten sein".
Paul Eber
Liebe Schwestern und Brüder!
Exsurge Domine! Erhebe dich, Herr! So hieß die Bannandrohungsbulle. Der 2. Advent ermutigt mit folgendem Jesus-Wort:
"Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!" (Lukas Kapitel 21, Vers 28)
Aufstehen und Aufsehen, das sind wichtige Stichworte für den 2. Advent. Drum möchte ich heute einen ganz besonderen Psalm vorstellen: Psalm 82. Normalerweise wäre das gar kein Psam, denn Psalmen sind ja die traditionellen Gebete des Volkes Israel, in denen Menschen zu Gott reden. In diesem Psalm allerdings redet vor allem Gott. Erst der letzte Vers macht diesen Psalm zu einem Psalm. Und der fängt auch so an, wie der Titel der Bannandrohungsbulle: "Erhebe dich, Herr!" Hier aber soll Gott über all den falschen Göttern den Bann aussprechen.
Die Überschrift in der Lutherbibel lautet: Der höchste Richter - und Asaf, der Psalmendichter, erzählt:
Gott steht in der Gottesgemeinde und ist Richter unter den Göttern.
Wie lange wollt ihr unrecht richten und die Gottlosen vorziehen? Schaffet Recht dem Armen und der Waisen und helft dem Elenden und Befürftigen zum Recht. Errettet den Geringen und Armen und erlöst ihn aus der Gewalt der Gottlosen. Sie lassen sich nichts sagen und sehen nichts ein, sie tappen dahin im Finstern. Darum wanken alle Grundfesten der Erde. Wohl habe ich gesagt: Ihr seid Götter und allzumal Söhne des Höchsten; aber ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zugrunde gehen. - Soweit die Erzählung -
So wie Könige, Fürsten oder ranghohe Politiker sich immer mal wieder treffen, so stellte man sich das auch für die Götter der Antike vor. Die kommen auch ab und zu zusammen, um sich zu beraten. Und da kommt sogar der eigentliche Gott hinzu, was wohl allgemeines Erstaunen auslöst nach dem Motto: "Was will der denn bei uns?!"
Er hat nur eine einzige Frage: "Wie lange noch wollt ihr unrecht richten und die Gottlosen vorziehen?" Das klingt ziemlich emotional, ja leidenschaftlich: Das passiert schon so lange! Ja wie lange denn noch?! Gott fordert sie auf, den Untersten und Unterdrückten zu ihrem Recht zu verhelfen, aber sie verstehen das nicht oder wollen das nicht verstehen.
Weil dem so ist, stellt der Erzähler fest: "wanken alle Grundfesten der Erde". Da wo nur das vermeintliche recht der Starken und Machthaber gilt, da wanken tatsächlich die Grundlagen von allem, was das Leben auf der Erde ermöglicht. Diesen Satz kann man gar nicht mehr steigern.
Und man kommt nicht umhin, sich zu fragen: "Und wie sieht es heute aus bei uns und woanders? Werden die Rechte der Schwachen etwa nicht ausreichend geschützt? Werden die Menschen entrechtet und auf diese Weise geschwächt? Werden Menschen zu etwas gezwungen, wozu sie freiwillig nicht bereit wären? Werden Druck und strukturelle Gewalt ausgeübt?"
Fragen über Fragen, bis heute aktuell, von denen manche wohl leider mit "Ja" beantwortet werden müssen. Doch zurück zu unserer Psalm-Erzählung: Gott wird hier sehr menschlich dargestellt: Als habe er gedacht und anerkennend gesagt: "Ihr seid doch Götter." Als habe er ein Fünkchen Hoffnung gehabt, sich aber geirrt.
So werden sie seinem vernichtenden Urteil nicht entrinnen. Der Psalmendichter schließt mit einer inständigen Bitte:
Gott, mache dich auf und richte die Erde: denn du bist Erbherr über alle Nationen!
..und mach auf diese Weise diese Göttererzählung zu einem Psalm.
Wie verständlich ist doch der Wunsch; Gott möge endlich eingreifen und den unrechten Machthabern samt ihren selbstgemachten Göttern ein Ende bereiten. Da kann man nur einstimmen in das Lied 7 in unserem Evangelischen Gesangbuch "O Heiland reiß die Himmel auf." -AMEN-
Das folgende Adventsgebet möge Ihnen aus dem Herzen sprechen:
Herr Jesus Christus, du kamst und kommst in diese Welt, um uns zu erlösen. Dafür danke ich dir und bitte dich: Stärke mich und alle anderen Christen in dem Bewusstsein, von der Macht des Bösen befreit zu sein, und in der Vorfreude auf deinen allumfassenden Sieg. Und erbarme dich aller, die nur die Schrecken dieser Welt vor Augen haben, nicht aber die lebendige Hoffnung auf dich, der du uns so zum himmlischen Vater beten gelehrt hast:
VATER UNSER IM HIMMEL.....-AMEN-
Ja, Gott hat den Himmel aufgerissen. Warum er aber das Unrecht nicht mit einem vernichtenden Machtwort beseitigt hat, sondern stattdessen seine Macht zunächst in einem ohnmächtigen Kindlein deutlich machte, wird sein Geheimnis bleiben.
Wie es aber am Tage aller Tage sein wird, so Jesus Christus als Weltenrichter erscheinen wird - darauf dürfen wir erwartungsvoll gespannt sein.
Wie üblich, wird auch heute unsere Andacht mit Orgelmusik enden: Aus dem "Görlitzer Tabulaturbuch" von Samuel Scheidt aus dem Jahre 1650 die Nr. 1 "Nun kommt der Heiden Heiland".
Ob als Baby oder als Weltenrichter - Jesus ist unsere Zukunft. In diesem Sinne mit Herzlichen Grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Hannes Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-