Wie schon in der letzten Andacht angemerkt wurde, gab und gibt es ganz unterschiedliche Traditionen, was die Läutezeiten im Verlauf eines Tages betrifft. Das Geläute einer abgelegenen Abtei oder Kirche auf dem Land konnte immer ungestört erklingen.
Die Vielzahl der Klöster und Kirchen in den Städten aber, die mit Glocken bestückt waren, warf praktische Fragen auf. In den Städten empfanden nämlich die Bewohner das Glockengeläut schon sehr früh als Belästigung. So gestattete man den Bettelordenskirchen oft nur eine einzige Glocke. Und es gab Streitigkeiten, wer etwa zuerst am Morgen läuten durfte. Eine zeitgenössische Entscheidung darüber lautete: "Wer zuerst aufsteht, darf auch zuerst läuten."
Die Glocken der Vilshofener Erlöserkirche, welche wir eben hörten, sind ihrer zwei und läuten morgens um 7 Uhr, mittags um 12 Uhr und abends um 19 Uhr, dazu vor jedem Gottesdienst und als Aufnahme zurzeit zu Beginn jeder dritten Andacht im Hörformat.
Zur heutigen möchten wir Sie ganz herzlich begrüßen und wünschen Ihnen eine gesegnete Andachtszeit, egal, wo sie sind und wie es ihnen geht.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
"Mit Ernst, o Menschenkinder", heißt das nun folgende Choralvorspiel für Orgel - sehr bewegt und bewegend, als wolle es uns wachrütteln, falls wir das Morgenläuten verschlafen haben.
Bild: de.tutiempo.net - 4.TeWeT
Wir sehen an der schmalen Mondsichel von rechts zunehmend: Ein neuer Mondmonat ist da. Es ist der 10. in der biblischen Reihenfolge und der 4. im Mondkalenderjahr. Sein Name: TeWeT. Der Name dieses Sonntags im Kirchenjahr heißt bekanntermaßen: 3. Advent. Auf dem Adventskranz sind 3 der 4 Kerzen angezündet. Das schon erwähnte Lied "Mit Ernst, o Menschenkinder" steht in unserem Evangelischen Gesangbuch Nr. 10.
Dessen Verse 1-3 stammen von Valentin Thilo, einem Lutherischen Theologen und Liederdichter und Rhetorikprofessor, der von 1607 bis 1662 vor allem in Königsberg in Ostpreußen lebte und wirkte.
Bild: Zeitgenössischer Kupferstich.
Es ist das Lied zum 3. Advent, denn es greift das Hauptthema dieses Tages auf, die direkte Vorbereitung, ja Bahnbereitung für den kommenden Retter, bezugnehmend auf das Prophetenwort aus dem Trostbuch des Jesaja, Kapitel 40, die Verse 3 und 10:
"Bereitet dem HERRN den Weg, denn siehe: Der HERR kommt gewaltig!" (Leitspruch für diese Woche)
Wir hören jetzt die Strophen 1 und 2, gesungen von Nicele den Uijl, auf der Gitarre begleitet von Hannes Greinke, die zusammen das Duo Pepper sind. (Lied EG 10 - Mit Ernst, o Menschenkinder 1-2)
Liebe Schwestern und Brüder!
Was Worte - gesprochen oder geschrieben - doch auslösen können - manchmal Jahrhunderte später! Wir können sagen: Ein Wort trifft auf einen Menschen. Genau das geschah mit diesem Prophetenwort. Es traf auf Johannes den Täufer, den man im griechisch-sprachigen Raum auch dem "Vorläufer" nennt.
Am 24. Juni ist sein Gedenktag, wegen seiner Geburt, gut im Kirchenjahr platziert: Ein halbes Jahr nach bzw. vor dem Heiligabend an welchem man der Geburt Christi gedenkt. Der 3. Advent hat vielmehr sein Wirken und Leiden und sein vorchristliches Martyrium zum Thema.
Er war der Sohn vom Priester Zacharias und seiner Ehefrau Elisabeth, also levitischer Abstammung. Von seiner Kindheit und Jugend wissen wir nichts, auch nicht, wann und wo und bei welcher Gelegenheit ihm dieses Wort "Bereite dem HERRN den Weg, denn siehe: Der HERR kommt gewaltig!" so getroffen hat, dass er sich damit identifizierte wie kein Mensch vor und nach ihm. Es wurde zu seinem Lebensprogramm.
Johannes wirkte am Rande der Wüste östlich des Jordans. Dort drohte er das Endgericht Gottes an und predigte: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!"
Paula Jordan: Johannes predigt in der Wüste östlich des Jordans.
Und rief zu einer Abkehr von falscher Frömmigkeit und Unterdrückung anderer Menschen auf hin zu einer gottgefälligen Lebensführung, die mit einem rituellen Bad im tiefst gelegenen Fluss der Erde, im Jordan, begann. Dieses rituelle Bad war das erste und ist das einzige, welches niemand an sich selbst vollziehen kann. Er hat es an vielen Menschen vollzogen, die danach das Heilige Land als vor allem innerlich gereinigte Menschen betraten und einen Neuanfang machten.
Mit diesem Predigt- und Taufdienst gedachte er Gott einen Weg durch die vom Menschen gemachten "Wüsten" zu bahnen. Auch Jesus kam zu ihm. Er hatte den langen Weg von Nazareth bis kurz vor der Mündung des Jordans ins Tote Meer auf sich genommen, um sich auch taufen zu lassen, was bei Johannes Verwunderung auslöste:
"Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?"
Und alles, was Jesus getan hat, war die Frucht seiner Taufe. Sosehr auch Jesus von Nazareth im Mttelpunkt der Evangelien und natürlich im Zentrum unseres christlichen Glaubens steht, lenkt doch jedes der 4 Evangelien zunächst den Blick auf einen anderen Mann, eben auf Johannes den Täufer und bringt ihn in Verbindung mit jenem Prophetenwort.
Das Ostjordanland gehörte zum Machtbereich von Herodes Antipas, das ist der Sohn von Herodes dem Großen. Johannes kritisierte dessen Ehe mit der Frau seines Bruders, wofür er ins Gefängnis geworfen wurde. Zweifel überkamen ihn. So sendete er seine Jünger zu Jesus und ließ ihn fragen:
"Bist du, der da kommen soll, oder wollen wir auf einen anderen warten?" Jesus antwortete und sprach zu Ihnen: "Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: "Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören. Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt: und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert. (Matthäus 11, 1-6 und ähnlich auch Lukas im 7. Kapitel)
Und Jesus preist ihn in den höchsten Tönen und sagt über ihn, was er weder über Abraham noch über Mose oder sonst einen der herausragenden Männer Israels gesagt hat, so auch dies: "Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer..." (Matthäus 11, Vers 11). Und ein Vers zuvor bestätigt Jesus: "Dieser ist`s, von dem Geschrieben ist: "Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll."
Wir wissen: Laut Berichten der Evangelien ist er während einer Geburtstagsfeier von Herodes Antipas Stieftochter Salome hingerichtet worden, obwohl dieser Fürst wusste, dass es ein Gottesmann war. Wer Obrigkeiten des Unrechts überführt, lief schon immer in Gefahr für Leib und Leben. Nun mögen Leben und Wirken dieses großartigen Mannes Johannes der Täufer, Vorläufer und Wegbereiten, auch uns treffen, dass wir einen Weg bahnen lassen für das Kommen Gottes in diese Welt und in unser Herz. Dann wäre sein Vermächtnis an uns erfüllt. Wie das geschehen kann, das deuten die 3. und 4. Strophe des begonnenen Liedes an: (Lied EG 10 - Mit Ernst, o Menschenkinder 3-4).
"Bereitet dem HERRN den Weg, denn siehe: Der HERR kommt gewaltig!"
Damit ist nicht nur einer gemeint, sondern viele. Lassen Sie uns also Wegbereiter für den kommenden HERRN sein! -AMEN-
In diesem Sinne sei auch unser Gebet:
Guter Gott, du würdigst uns, deine Wegbereiter zu sein. Dafür danke ich dir und bitte dich um Weisheit dazu. Segne alle, die sich darum bemühen, ja segne alle, die bereit sind, dir mit reinem Herzen zu dienen. Das und noch mehr bitte ich dich durch deinen in die Welt gekommenen Sohn Jesus Christus, der als beten gelehrt hat:
VATER UNSER IM HIMMEL.........-AMEN-
Mit einer kleinen Chorlfughette zum LIed dieses Tages beenden wir nach dem Segen unsere Andacht. Allen Wegbereitern wünschen wir gutes Gelingen mit herzlichen Grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Duo Pepper, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-