Das war`n die Vilshofener Glocken.
Sie wollen zur Andacht dich locken.
Halt inne, genieß diese Zeit und alles, was für Dich bereit!
Wenn irgendwas lässt dich verdrießen -
hier kannst Du Gutes genießen.
Gott will Deine Seele erfreun, und wir laden herzlich Dich ein!
Glockenturm Erlöserkirche in Vilshofen - Foto: Greinke
Heute gedenken wir des wichtigsten Mannes der Reformationsgeschichte im wahrsten Sinne des Wortes neben Martin Luther. Gedenken und Andacht werden heute eingerahmt mit Orgelmusik aus dem 18. Jahrhundert vom englischen Komponisten Starling Goodwin. Wir hören jetzt ein kleines Stück in d-Moll.
Bild: de.tutiempo.net - 18. SchöWaTh
Der SchöWath hat seinen 18. Tag erreicht. Das ist der 11. Mondmonat biblischer Zählung und der 5. im biblischen Jahr. Wie man sieht, ist sein Bild im Abnehmen begriffen.
In der Vorfastenzeit sind wir beim 2. Sonntag Septuagesimae - 70 Tage vor dem Auferstehungsfest angekommen. Die liturgische Farbe ist grün.
Grünes Antependium i. d. Erlöserkirche in Vilshofen - Foto: Greinke.
Gedenken
Am 16. Februar 1496 wurde in Bretten Philipp Melanchthon geboren. Damals hieß er mit Familiennamen Schwartzerdt. Noch als Kind zog er zu seinen Großeltern, weil sein Vater an den Folgen einer Brunnenvergiftung gestorben war.
Durch seinen Onkel Johannes Reuchlin wurde er schon als Knabe in den Kreis der Humanisten aufgenommen und gefördert. Nach dem ersten Studienabschluss wollte man ihn in Heidelberg nicht weiterstudieren lassen, weil er so klein von Wuchs war. In Tübingen aber nahm man ihn auf und er wurde bald bekannt für seine genialen Sprachkenntnisse, musste damals schon manchen Professor vertreten und kam schließlich 1518 nach Wittenberg.
Lucas Cranach d. Ä. - Philipp Melanchthon 1532 - Foto: Greinke.
Als er aus der Postkutsche stieg, lachte man dieses kleine Männlein aus. So hatte man sich einen Griechisch-Professor nicht vorgestellt. Ja, die Kinder liefen ihm hinterher und äfften ihn nach. Das alles änderte sich nach seiner Antrittsrede an der Uni, mit der er viele Menschen, darunter auch Martin Luther, sehr beeindruckte.
Das Melanchthon-Haus in Wittenberg - Foto: Greinke.
So wurde Melanchthon der wichtigste Mitarbeiter Luthers und blieb sein Leben lang in Wittenberg, gründete dort eine Familie, lehrte, reiste auch immer wieder zu Religionsgesprächen im Lande umher. Er beteiligte sich an der Bibelübersetzung, ja hatte Luther sogar dazu angeregt, das Neue Testament zu übersetzen.
Schließlich stammt von ihm das Augsburger Bekenntnis. Und wir haben ihm die Schulform des Gymnasiums zu verdanken. Das von ihm gegründete in Nürnberg trägt noch heute seinen Namen.
Lassen wir Magister Philippus selbst zu Wort kommen. Hier drei seiner Lehrsätze:
"Schwieriger aber ist es, Falsches, das man einmal gelernt hat, zu verlernen, als Richtiges zu lernen."
"Das menschliche Herz kann nicht ruhig sein, wenn es sich nicht auf Gott stützt, wenn es nicht in ihm als seinem Grunde ruht."
"Sorge und Niedergeschlagenheit treiben mich ins Gebet, und das Gebet vertreibt Sorge und Niedergeschlagenheit."
Und eines seiner wichtigsten Anliegen war:
"Zurück zu den Quellen!"
Damit meinte er die Originalsprachen der Bibel und die urspüngliche Bedeutung der Bibeltexte zur damaligen Zeit.
Er wurde als Lehrer Deutschlands, ja sogar als Lehrer Europas bezeichnet, denn aus vielen Ländern kamen Studenten zu ihm; die meisten ausländischen kamen aus Ungarn. Melanchthon starb am 19. April 1560. Sein Grab befindet sich in der Schlosskirche zu Wittenberg gegenüber dem von Martin Luther.
Melanchthon Grab - Foto: Greinke.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
"Jesus war ein Erzähler und ein Heiler." Das war einer meiner Sätze in der letzten Andacht. Eine seiner faszinierenden Gleichnisse möchte ich heute vorstellen: So lehrte Jesus vom Reich Gottes, hier Himmelreich genannt. Aufgezeichnet im Evangelium des Matthäus im 20. Kapitel.
Das Himmelreich gleicht einem Hausvater, der früh am Morgen ausging, Arbeiter zu dingen für seinen Weinberg einzustellen. Und da er mit den Arbeitern eins ward um einen Silbergroschen zum Tageslohn, sandte er sie in seinem Weinberg.
Arbeiter im Weinberg - Quelle: Editorial Libsa
Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere an dem Markte müßig stehen und sprach zu ihnen: "Gehet ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist." Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat gleich also. Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere stehen und sprach gleich so zu ihnen: "Was stehet ihr hier den ganzen Tag müßig?" Sie sprachen zu ihm: "Es hat uns niemand gedingt. "Er sprach zu ihnen: "Gehet ihr auch hin in den Weinberg." Da es nun Abend ward, sprach der Herr des Weinbergs zu seinen Verwalter: "Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und heb an bei den letzten bis zu den ersten." Da kamen, die um die elfte Stunde gedingt waren, und ein jeglicher seinen Groschen.
Jeder Arbeiter im Weinberg bekommt seinen Silbergroschen - Quelle: Editorial Libsa
Da aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und auch sie empfingen ein jeglicher seinen Groschen. Und da sie den empfingen, murrten sie wider den Hausvater und sprachen: "Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben." Er antwortete aber und sagte zu einem unter ihnen: "Mein Freund, ich tue dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir eins geworden um einen Groschen? Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem Letzten geben gleich wie dir. Hab ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, Meinen? Siehst du darum scheel, weil ich so gütig bin?"
So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.
Das ist schon ein sehr seltsamer Weinbergbesitzer. Auf den ersten Blick scheint er gleichzeitig ungerecht und geradezu etwas dummgut zu sein - eine wirklich komische Kombination.
Immer wieder ging er an jenem Tage dorthin, wo die Tagelöhner auf Abruf warten, um sie einzustellen. Ein Tagelöhner hätte sich auch für den Lohn von einem halben Arbeitstag oder für eine, zwei oder drei Stunden gefreut, damit er wenigstens etwas seiner Familie zum Essen vorsetzen kann.
Tagelöhner waren noch schlechter dran als Sklaven. Wenn einer krank wurde, war das eine soziale Katastrophe für ihn und die Seinen. Ein Sklavenbesitzer wird sich um das gesundheitliche Wohlergehen seiner Sklaven gekümmert haben, denn nur in gesundem Zustand konnten sie ihm Nutzen bringen. All das und noch mehr ist zu bedenken.
Dieser Weinbergbesitzer hatte offenbar ein Herz für die Tagelöhner. Er sah sie als Menschen. Er ließ denen, die er am Morgen eingestellt hatte, am Ende des Arbeitstages - wie vereinbart - einen guten Tageslohn geben.
Diese kamen aber erst zum Schluss an die Reihe. Auch die später eingestellten, ja sogar die nur eine Stunde gearbeitet hatten, bekamen einen Silbergroschen. Das bedeutet, sie bekamen nicht nur das, was sie verdient hatten, sondern so viel, wie sie und ihre Angehörigen tatsächlich zum Leben brauchten.
Das sahen die anderen. Erst machte sich bei ihnen neue Hoffnung auf mehr Verdienst breit, diese wich alsbald dem Unmut, Ärger und Neid. Zumindest einer protestierte lautstark.
Der Weinbergbesitzer, der hier auch Hausvater genannt wird, hätte normalerweise gar nicht darauf reagiert. Mit einem Tagelöhner diskutierte man nicht. Doch dieser Hausvater war anders. Er nannte ihn sogar seinen Freund und begründete seine Entscheidung damit, dass er mit seinem Eigentum ja bitteschön machen könne, was er wolle.
Diese Antwort saß. Daran ließ sich nicht rütteln. Jesus sagt damit: So ist Gott. Das irdische Reich Gottes ist kein Schlaraffenland, auch kein paradieszustand. Darinnen wird zuweilen hart gearbeitet. Aber Gott ist wie jener Weinbergbesitzer und Hausherr. Er sucht Menschen für den Dienst im Reich Gottes. Am Ende bekommt jeder das, was er braucht, mancher vielleicht unverdientermaßen.
Aber Gott ist das Wohlergehen seiner Leute sehr wichtig. Er hat ein anderes - für uns manchmal nicht gleich nachvollziehbares - Verständnis von Gerechtigkeit namens Barmherzigkeit. Und das ist gut so. Gott ist immer auf der Suche nach Leuten, die bisher noch nicht für ihn und seine Sache gearbeitet haben. Und so wird es bleiben. Wer es fassen kann, der fasse es. -AMEN-
Lucas Cranach d. Ä. - Der Weinberg Gottes - Foto: Greinke.
Das Weinbergmotiv als Symbol für das Reich Gottes findet sich auch in der christlichen Kunst wieder. Lucas Cranach beispielsweise hat es mehrmals verwendet.
Es folgt jetzt Lied 355 im Evangelischen Gesangbuch "Mir ist Erbarmung wiederfahren" mit den Strophen 1, 3 und 5. Leider ist uns der Name der Sängerin nicht bekannt.
1. Mir ist Erbarmung widerfahren, / Erbarmung, deren ich nicht wert; / das zähl ich zu dem Wunderbaren, / mein stolzes Herz hat`s nie begehrt. / Nun weiß ich das und bin erfreut / und rühme die Barmherzigkeit.
3. Das muss ich dir, mein Gott, bekennen, / das rühm ich, wenn ein Mensch mich fragt; / ich kann es nur Erbarmung nennen, / so ist mein ganzes Herz gesagt. / Ich beuge mich und bin erfreut / und rühme die Barmherzigkeit.
5. Gott, der du reich bist an Erbarmen, / reiß dein Erbarmen nicht von mir / und führe durch den Tod mich Armen / durch meines Heilands Tod zu dir; / da bin ich ewig recht erfreut / und rühme die Barmherzigkeit.
Lasset uns beten: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Lieber himmlischer Vater!
Du bist der Gott der Barmherzigkeit. Du tust wohl denen, die sich selbst nicht helfen können. Du suchst Menschen für den Dienst im Reich Gottes. Du suchst auch mich. Dafür danke ich dir. Ich bitte dich: Zeige mir, wie ich dir zukünftig immer besser dienen kann mit meinem Gaben und Fähigkeiten. Und hilf mir, deine Barmherzigkeit durch mein Verhalten anderen Menschen zu spiegeln. Das und noch mehr bitte ich durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn. Mit seinen Worten und vereint mit vielen Betern rufe ich zu dir:
VATER UNSER IM HIMMEL........-AMEN-
In d-Moll erklangen heute die ersten Orgeltöne, in D-Dur klingen die letzten heute aus, nämlich wieder von Starling Goodwin.
Eine gesegnete Arbeitswoche im Weinberg des Reiches Gottes wünschen mit herzlichen Grüßen, Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-