Die Glocken im spitzen Turm zu Eging am See waren das. Ihr Klang ist vielen Einheimischen vertraut, inzwischen aber auch vielen Zuhörern, die regelmäßig oder immer mal wieder unsere Sendungen anklicken.
Glockenturm Eging am See - Foto: Greinke.
Heute gedenken wir eines aus Hessen stammenden Pfarrers, Pädagogen, Seelsorgers und Liederdichters. Im Andachtsteil wenden wir uns einer Frau zu, die für damalige Verhältnisse in gesundheitlich schrecklicher Situation mit katastrophalen sozialen Folgen war. Wir lesen und hören von ihr aus dem Markus-Evangelium. Orgelmusik von Anton Karl Theodor Kehrer rahmt heute Gedenken und Andacht ein. Er lebte von 1811-1850. Zunächst hören wir ein Vorspiel in B-Dur.
Bild: de.tutiempo.net - 11. SchöWaTh
Der 11. Mondmonat biblischer Zählung SchöWaTh oder SchWaTh hat sein Aussehen von einer Sichel fast zu einem Ei entwickelt.
Nach Adventszeit, Weihnachtszeit und Epiphaniaszeit sind wir jetzt im 4. Teil des Kirchenjahres angekommen. Das ist die Vorfastenzeit, die heuer 4 Sonntage enthält und 3 1/2 Wochen dauert, nämlich bis zum Aschermittwoch.
Gedenken
Im Gedenken wenden wir uns heute eines Mannes zu, der vor genau 332 Jahren, nämlich am 9. Februar 1693, in Josbach geboren wurde. Das ist ein Dorf und heutiger Ortsteil der mittelhessischen Stadt Rauschenberg im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Sein Name: Johann Ludwig Konrad Allendorf.
Er war Sohn eines lutherischen Pfarrers, studierte in Gießen und in Halle/Saale, war dort Schüler von August Hermann Francke. 1717 wurde er für einige Jahre Hofmeister bei einem Grafen in Schlesien, ehe er ab 1723 Erzieher bei einem Reichsgrafen in Sorau in der Niederlausitz wurde. Ein Jahr später begleitete er einen seiner Sprösslinge als persönlicher Seelsorger nach Köthen in Anhalt, eine junge Dame, die den Fürsten August Ludwig von Anhalt-Köthen heiratete.
Zwei Jahrzehnte lang wirkte er dort und verfasste mehrere Kirchenliederbücher. Als die Fürstin starb, ging er 1750 als Pfarrer nach Wernigerode im Harz. Seit 1759 bis zu seinem Tode am 3. Juni 1773 wirkte er als Pfarrer an der St. Ulrich-Kirche in Halle/Saale. Allendorf dichtete insgesamt 132 Kirchenlieder, darunter EG 66 "Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude" und "Dein Wort, o Herr, bringt uns zusammen". Dieses Lied steht im Regionalteil Bayern/Thüringen unter 587.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Jesus war ein Wanderprediger. Das stimmt. Er war aber auch ein Lehrer der Heiligen Schrift, der die praktischen Situationen und Gelegenheiten zum Lehren nutzte, die sich ihm baten. So war eine seiner Lieblingsbeschäftigungen das Erzählen von Gleichnissen, seine andere war das Heilen. Jesus war also ein Erzähler und ein Heiler. Einmal trug es sich zu, dass er von einer großen Menge umringt, ja umdrängt war, als er zu einer Heilung gerufen war. Das erzählt uns Markus im 5. Kapitel:
Und da war eine Frau, die hatte den Blutfluss seit zwölf Jahren und hatte viel erlitten von vielen Ärzten und hatte all ihr Gut darauf verwendet; und es half ihr nichts, sondern vielmehr ward es ärger mit ihr. Da die von Jesus hörte, kam sie im Volk von hinten herzu und rührte sein Kleid an. Den sie sagte sich:
"Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte, so würde ich gesund."
Jesus heilt die blutflüssige Frau - Bildquelle: Youtube.de
Und alsbald versiegte die Quelle ihres Blutes, und sie fühlte es am Leibe, dass sie von ihrer Plage geheilt war. Und Jesus fühlte alsbald an sich selbst, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war, und wandte sich um in der Menge und sprach:
"Wer hat meine Kleider berührt?"
Und seine Jünger sprachen zu ihm:
"Du siehst, dass dich die Menge umdrängt, und fragst: >Wer hat mich berührt?<"
Und er sah sich um nach der, die das getan hatte. Die Frau aber fürchtete sich und zitterte, denn sie wusste, was an ihr geschehen war; kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Er aprach aber zu ihr:
"Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage!"
Soweit die Geschichte. Wenn man sie richtig verstehen will, muss man sich gedanklich in die damalige Zeit und an die Gegend des Geschehens versetzen. Sonst denkt man oberflächlich: Naja, wer weiß ob das alles stimmt; die Frau war eben krank, aber zaubern konnte Jesus bestimmt auch nicht.
Gehen wir wirklich hinein und versetzen uns auch in die Lage der Frau, um die es geht: Sie war offensichtlich aus ziemlich gutem Hause, denn sie konnte einen Arzt, ja mehrere Ärzte bezahlen. Sie war krank, und zwar seit 12 Jahren, einer ganzen Zeitepoche also. Das muss nicht aber kann auch bedeuten, dass sie, seitdem sie geschlechtsreif geworden war, also von Jugend an immer wieder diesen schrecklichen Blutfluss hatte. Dabei blieb es ja nicht beim körperlichen Unwohlsein - es hatte bedeutende soziale Folgen:
Sie durfte nicht in vollem Maße am gesellschaftlichen und religiösen Leben teilnehmen, war auch vom Synagogen-Gottesdienst ausgeschlossen. Sie durfte niemanden berühren, geschweige denn umarmen. Wenn sich ihr jemand näherte, musste sie ihn darauf hinweisen, dass sie unrein ist. Und heiraten - wer wollte schon eine Frau mit ständigem Blutfluss heiraten?! Das ging also gar nicht.
Sie blieb allein und musste mit Vereinsamung und Verarmung rechnen. Sie war fast genau wie ein Leprakranker. Dazu kam noch die damals übliche moralisierende Frage: "Was hat sie oder vielleicht ihre Eltern getan, dass Gott sie mit einer solchen Krankheit bestraft?" Den gesundheitlichen Problemen gesellten sich also sofort soziale dazu.
Ich denke: Sie war jedenfalls eine intelligente Frau. Sie muss von Jesus und seinem über alle Maße kraftvollen wirken schon gehört haben. Nachdem alle ärztlich Kunst versagt hatte und ihr Geld sich auch dem Ende zuneigte, wird sie sich gesagt haben: ,Er ist meine einzige Chance, gesund zu werden. Ich setze jetzt alle Hoffnung auf diesen Mann.` Von ihr ist ja der eine Satz ihres Selbstgespräches bekannt: "Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte, so würde ich gesund."
Ungeachtet aller einzuhaltenden Vorschriften näherte sie sich Jesus und berührte sein Gewand. Das konnte im Gedränge niemand merken. Es war vielleicht die in der ganzen Weltgeschichte glaubensstärkste Berührung eines Kleidungsstückes durch einen anderen Menschen.
Und Jesus? Der merkte, dass eine Kraft von ihm gleichsam abgezapft worden war, und zwar ohne, dass er es bewusst zugelassen hätte. Drum fragte er auch und bekam von seinen Jüngern die passende Antwort.
Wahrscheinlich hatte die Frau danach Jesus noch weiter beobachtet. Beider Blicke werden sich getroffen haben. Und dann kommt der nachdenkenswerte Satz über sie: Sich fürchtend und zitternd kam sie zu Jesus und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Die ganze Wahrheit! Was bedeutet das? Die ganze Wahrheit über ihr Leben? Gab es eine tief verborgene Ursache für ihr bisheriges Leiden? Könnte es damit zusammenhängen, dass sie eine Tochter und kein Sohn war? Vielleicht wurde sie niemals von ihren Eltern wirklich geliebt. Was mangelnde Elternliebe bei einem Menschen auslösen kann, geht ins Unvorstellbare.
Meine Vermutung ist naheliegend. Denn Jesus sprach sie an mit den wunderbaren beiden Worten, die ihr so lange gefehlt haben: "Meine Tochter..." Und die Geschichte endet mit dem ermutigenden Satz: "Dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage!"
Das heilsame Berühren soll weitergehen. Lassen Sie Ihr Herz von dieser Geschichte berühren, ja, versuchen Sie selbst, ihr Herz Jesus berühren zu lassen. Lassen Sie sich dazu gerne etwas Ungewöhnliches einfallen, aber suchen Sie die unmittelbare Nähe zu Jesus. Von ihm geht eine enorme Kraft aus. Doch er protzt nicht damit: "Dein Glaube hat dich gesund gemacht." Auf Ihren Glauben kommt es also an. -AMEN-
Lied 66 in unserem Evangelischen Gesangbuch - im Gedenken an Johann Ludwig Konrad Allendorf schon erwähnt - folgt jetzt mit den Strophen 1, 2 und 7. Es besingt die Freude daran, dass Jesus gekommen ist.
1. Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude; / A und O, Anfang und Ende steht da. / Gottheit und Menschheit vereinen sich beide; / Schöpfer, wie kommst du uns Menschen so nah! / Himmel und Erde, erzählet`s den Heiden: / Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden.
2. Jesus ist kommen, nun springen die Bande, / Stricke des Todes, die reißen entzwei. / Unser Durchbrecher ist nunmehr vorhanden; / er, der Sohn Gottes, der machet recht frei, / bringet zu Ehren aus Sünde und Schande; Jesus ist kommen, nun springen die Bande.
7. Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden. / Komme, wen dürstet, und trinke wer will! / Holet für euren so giftigen Schaden / Gnade aus dieser unendlichen Füll! / Hier kann das Herze sich laben und baden, / Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden.
Lasset uns beten: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Lieber Herr Jesus Christus!
Ich danke dir für meine Gesundheit an Leib, Seele und Geist. Und da, wo etwas krankt, möge deine heilsame Kraft auf mich wirken, wie sie auf jene Frau gewirkt hat. Gepriesen sei dein vielversprechender Name. Mit deinen Worten und mit vielen anderen Menschen rufe ich zu dir:
VATER UNSER IM HIMMEL.......-AMEN-
Wenn diese Sendung Sie berührt hat, weisen Sie gerne andere Menschen darauf hin. Wir beschließen sie mit einem Nachspiel in D-Fur von Anton Karl Theodor Kehrer.
Das "Wischkästle" oder ein paar Tasten eines Computers berühren, genügt heute zutage manchmal schon, um Jesus Christus nahe zu kommen. Und vergessen Sie nicht: Enger Kontakt mit ihm, dem Heiler wirkt heilsam. In diesem Sinne verbleiben mit herzlichen Grüßen, Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Rainer Sebastian, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-