Der vertraute, regelmäßige Glockenklang zeugt von Geborgenheit, Zuverlässigkeit und Stabilität und fördert das Gefühl, beheimatet zu sein. Darum beginnen auch wir immer mit einem solchen, heute wieder von unserer Evangelischen Erlöserkirche zu Vilshofen an der Donau.
Glocken der Erlöserkirche - Foto: Greinke.
Im heutigen Gedenken beleuchten wir die Gründung des "Heiligen römischen Reiches deutscher Nation" und lassen uns von einigen Worten des Sehers Johannes aus dem letzten Buches der Bibel erleuchten.
Orgelchoräle zum Thema "Licht" von Samuel Scheidt sind heute dran. Zunächst das Lied: "Der Tag vertreibt die finstre Nacht, ihr lieb`n Christen seid munt`r und wacht und lobt Gott den Herren". Es steht nicht im unserem Gesangbuch.
Bild: de.tutiempo.net - 4.SchöWaTh
Ein neuer Mondmonat ist da. Er heißt SchöWaTh oder SchWaTh, das ist der 5. Monat im Mondjahr und der 11. biblischer Zählung. Er hat 30 Tage. Sein Name bedeutet: "Stab" oder "Stamm". Mancher fragt sich: "Warum beginnt die biblische Zählung nicht immer im neuen Mondjahr?" Die Antwort: Es soll nach Gottes Anweisung die Zählung mit dem Monat beginnen, in welchem Gott durch Mose die Israeliten aus dem Sklavenhaus Ägypten in die Freiheit führte.
Das Kirchenjahr zeigt uns heute den letzten Sonntag nach Epiphanias an. Die Epiphanias-zeit geht also mit dieser Woche zu Ende. Und weil heute der 2. Februar ist, fällt dieser Tag mit Lichtmess zusammen. Das ist der eigentliche Gedenktag der Darstellung Jesu im Tempel 40 Tage nach seiner Geburt gemäß der Vorschrift in der TORaH, dass alles männliche Erstgeborene dem Herrn geweiht ist. Und in einer Woche beginnt die Vorfastenzeit.
Gedenken
Am 2. Februar 962 wurde das "Heilige Römische Reich deutscher Nation" gegründet, in dem Otto I. und seine Gattin Adelheid in Rom durch Papst Johannes XII. zum Kaiser und Kaiserin gekrönt wurden. Das geschah im Sinne der mittelalterlichen, auch biblisch begründeten Geschichtsauffassung, nach der ein Weltreich das andere ablöst. Bei dieser Vorstellung wurde nicht zwischen göttlicher und weltlicher Geschichte unterschieden, welche als untrennbare Einheit erachtet wurden.
Der Name leitet sich vom Anspruch seiner mittelalterlichen Herrscher ab. Nachfolger der römischen Kaiser der Antike und nach Gottes heiligem Willen die universalen, weltlichen Oberhäupter der Christenheit zu sein, im Rang also über allen anderen Königen Europas zu stehen.
Bild: Wappen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation - studyfix.de
Auch fürchtete man das Eintreffen der Prophezeiungen des Propheten Daniel, der vorhergesagt hatte, dass es vier Weltreiche geben und danach der Antichrist auf die Erde kommen werde, die "Apokalypse" sollte beginnen. So heißt ja auch das letzte Buch im Neuen Testament "Offenbarung" im Original - sollte beginnen. Da in der sogenannten Vier-Reiche-Lehre das Römische Imperium als viertes Reich gezählt wurde, durfte es nicht untergehen. Die Erhöhung durch den Zusatz "Heilig" betonte, dass das Kaisertum ein Akt göttlicher Gnade und göttlichen Rechts sei zum Schutz vor dem Antichrist.
So wurde die Lehre Jesu vom Reich Gottes mit politischen Machtinteressen vermischt. Und auch die Prophezeiungen Daniels und dann auch der Offenbarung des Johannes wurden dazu genutzt, um nicht zu sagen: missbraucht. Dass aber genau dieses biblische Buch das Römische Reich in den Mittelpunkt der prophetischen Kritik stellt, auch wenn es niemals direkt genannt wird, ist offenbar nicht erkannt worden.
Der französische Schriftsteller Voltaire beschrieb die Diskrepanz zwischen dem Anspruch, der in dem Namen des Reiches steckt und seiner Wirklichkeit mit dem Satz: "Dieser Korpus, der sich immer noch Heiliges Römisches Reich nennt, ist in keiner Weise heilig, noch römisch, noch ein Reich." Also: Auch wenn es den Begriff "Heilig" in sich trug, so war es doch alles andere als heilig und musste zerfallen, wie jedes irdische Reich irgendwann zerfiel oder zerfällt. Das geschah am 6. August 1806.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Schon im Gedenken war von der Offenbarung des Johannes die Rede. Es ist das letzte Buch im Neuen Testament und somit auch das letzte der gesamten Bibel überhaupt.
Entstanden ist die Offenbarung etwa um 95 nach Christus, und zwar auf der kleinen griechischen Insel Patmos, die nur etwas mehr als 34 qkm groß ist und in der Ägäis liegt nicht sehr weit vom heutigen türkischen Festland entfernt. Es ist das einzige prophetische Buch des Neuen Testaments mit vielen sehr bildintensiven Visionen über das - was von damals her gesehen - in Kürze geschehen wird.
Es enthält viele sprichtwörtlich gewordene Redewendungen und erscheint vielen Menschen als ein Buch mit 7 Siegeln. Das ist übrigens auch eine dieser darin vorkommenden Redewendungen.
Nach einem 8 Verse-langen Vorwort spricht der Verfasser Johannes von sich selbst, macht eine genaue Zeit und Ortsangabe und nennt die 7 Orte der Erstempfänger seiner Schrift, also, wem dieses Buch zuerst gilt. Das steht geschrieben im 1. Kapitel, Verse 9-11:
"Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses von Jesu willen. Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune, die sprach:
Bild: Julius Schnorr von Carolsfeld: Jesus Christus offenbart sich Johannes.
>>Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea.<<"
Johannes nennt hier schon zum dritten Mal seinen Namen, beginnt aber mit dem Wort "ich", nachdem er im Vorwort zwar seinen Namen genannt hatte, aber so, als wäre er es nicht selbst. Johannes weiß, dass er eine besondere Vermittlerrolle hat, sozusagen das Medium für die folgenden Botschaften ist.
Aber er ist deshalb nicht eingebildet, versteht sich nicht als übergeordnet, sondern als gleichrangig mit allen anderen Jesu-Gläubigen und mit ihnen verbunden und zwar als Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis, am Reich - gemeint ist selbstverständlich kein weltliches oder gar römisches, sondern das Reich Gottes - und an der Geduld in Jesus.
Wer nach ihm in der Kirchengeschichte hat statt Titel solche Begriffe für sich in Anspruch genommen: Bruder, Mitgenosse, also Teilhaber an der Bedrängis, am Reich Gottes, ja sogar an der Geduld Christi?!
So sein gleichsam "demut-kratisches" Selbstverständnis, von dem viele kirchliche Würdenträger sich sozusagen "eine dicke Scheibe abschneiden" sollten. Wie anders würde es in der Kirche Jesu Christi aussehen, wenn dieses Selbstverständnis aller selbstverständlich wäre!
Er schreibt dann, dass er auf der Insel Patmos weilte. Es gibt die Meinung, dass er dort in der Verbannung gewesen sein soll. Das ist gut möglich, aber nicht restlos sicher. Möglich wäre auch ein freiwilliger Aufenthalt dort, um Ruhe zu finden, dass er empfänglich wird für das, was Gott ihm zu sagen hat und womit er ihn erleuchten will. Auch beides ist zusammen denkbar; deswegen "um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus".
All das, was er dann aufgeschrieben hat, hat er nicht erfunden sondern bezeugt, dass er vom Geist ergriffen wurde, und zwar am Tag des Herrn, das ist der "Kyriaki", den wir Deutsche Sonntag nennen.
Will heißen: Er war zwar gewiss von Beginn seines Aufenthaltes an bereit. Aber er hat sich ja nicht selbst ergriffen, sondern der Geist Gottes hat ihn ergriffen, wofür Johannes nichts konnte. Der Geist Gottes ist absolut souverän und ergreift, wen und wann und wo er will.
Und dann ist von einer großen Stimme die Rede, die stark ist wie eine Posaune, also unüberhörbar, die ihn aufforderte, in ein Buch zu schreiben, was er sieht und an 7 bestimmte Gemeinden zu senden, die übrigens alle im Westen Kleinasiens, also in der heutigen Türkei liegen und in einer überschaubaren Rundreise erreichbar sind. Es sind alles Gemeinden in einer Bedrängnis-Situation, deren Glieder auch Teilhaber am Reich Gottes sind und an der Geduld Jesu.
Die Offenbarung des Johannes setzt dann fort mit einer sehr genauen Analyse des Zustandes der Gemeinden und mit Zukunftsvisionen darüber, wie der Kampf zwischen Gut und Böse, Leben und Tod stattfinden und entschieden wird.
Dabei werden die politische Supermacht und die Mächtigen im Römischen Imperium scharf kritisiert und ihr Untergang prophezeit, aber verklasuliert, ohne auch nur einen einzigen Namen zu nennen. Stattdessen wird oft von "Babylon" gesprochen. Natürlich wusste jeder eingeweihte Leser damals, wer und was gemeint war.
Es ist dieses Buch alles andere als gute Stimmung und Heile-Welt-Atmosphäre verbreitend, sondern rechnet knallhart mit den hinter allem Unheil dieser Welt stehenden Mächten ab. Aber es schließt mit der Bitte: "Ja komm, Herr Jesu!" Und mit dem schönen Gruß "Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi sei mit euch allen!"
Was wir an Johannes sehen: Überheblichkeit ist ihm ebenso zuwider wie feiges Anpassen an die Interessen der Mächtigen. Lieber Bedrängnis ertragen und sich in der Geduld Jesu üben und so auch teilhaben am Reich Gottes. Solche Herzenseinstellung allein ist würdig der wahren Kirche Jesu Christi. Leuchtet das ein? -AMEN-
Es folgt nun Lied 375 in unserem Evangelischen Gesangbuch.
1. Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht, / sein wird die ganze Welt; / denn alles ist nach seines Todes Nacht, / in seine Hand gestellt. / Nachdem am Kreuz er ausgerungen, / hat er zum Thron sich aufgeschwungen. / Ja, Jesus siegt!
2. Ja, Jesus siegt, obschon das Volk des Herrn / noch hart darniederliegt. / Wenn Satans Pfeil ihm auch von nah und fern / mit List entgegenfliegt, / löscht Jesu Arm die Feuerbrände; / das Feld behält der Herr am Ende. / Ja, Jesus siegt!
3. Ja, Jesus siegt! Seufzt eine große Schar / noch unter Satans Joch, / die sehnend harrt auf das Erlösungsjahr, / das zögert immer noch: / So wird zuletzt aus allen Ketten / der Herr die Kreatur erretten. / Ja, Jesus siegt!
4. Ja, Jesus siegt! Wir glauben es gewiss, / und glaubend kämpfen wir. / Wie du uns führst durch alle Finsternis, / wir folgen, Jesu, dir. / Denn alles muss vor dir sich beugen, / bis auch der letzte Feind wird schweigen. / Ja, Jesus siegt!
Lasset uns beten: Kyrie eleison, Christe eileison, Kyrie eleison.
Lieber Vater im Himmel!
Ich danke dir für all das, womit du mich heute erleuchtet hast, für alle Erkenntnisse, die ich gewonnen habe und für allen Mut, den du mir gemacht hast. Ich bitte dich: Schenke mir weitere Erkenntnisse über deine Wege mit mir, allen Christen und aller Welt. Stärke in mir die Bereitschaft, um deines Reiches willen Bedrängnis zu ertragen und mich in Geduld zu üben. Und stärke mich im Bewusstsein, dass am Ende niemand anders als Jesus Christus siegen wird. Mit seinen Worten rufen wir immer wieder zu dir:
VATER UNSER IM HIMMEL........-AMEN-
Unsere heutige Sendung schließt mit einem weiteren Orgelchoral von Samuel Schiedt zum Abendlied 469, dessen erste Strophe lautet:
"Christ, der du bist der helle Tag, vor dir die Nacht nicht bleiben mag. Du leuchtest uns vom Vater her und bist des Lichtes Prediger."
Möge sich die "Demut-kratie" als wahrhaftige Gesinnung unter allen echten Christen ausbreiten zur Voraussetzung für das "Heilige göttliche Reich aller Nationen"!
In diesem Sinne verbleiben mit herzlichen Grüßen, Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-