Glockengeläut der Erlöserkirche zu Vilshofen. Das lädt ein zum Gedenken, denn wir Christen leben in einer Gedenkkultur und zur Andacht, denn wir Menschen leben alle von den Zusagen Gottes.
Glocken von der Erlöserkirche - Bild: Greinke.
Gedanken zum Gedenken des Volkstrauertages und die wohl älteste Versöhnungsgeschichte bestimmen heute unser Programm.
Das Mondbild sieht sehr vollmondig aus. Tatsächlich aber sind wir schon beim 16. Tag des 8. Mondmonats CHeSchWaN. Das Mondbild ist also im Begriff abzunehmen.
Bild: de.tutiempo.net - 16. CHeSchWaN
Das Kirchenjahr neigt sich dem Ende zu. Heute ist der vorletzte Sonntag im Kirchenjahr, der in Deutschland auch als Volkstrauertag begangen wird. Noch bis zum kommenden Mittwoch, dem Buß- und Bettag, währt die Friedensdekade.
1. Der Tag vertreibt die finstre Nacht, ihr lieb`n Christen seid nunt`r und wacht und lobt Gott den Herren.
10. Sei munter, bet`mit fleiß, und wach, Sieh, dass du stets in deiner Sach treu erfunden werdest.
So dichtete Michael Weiße, ein schlesischer Prediger und Dichter der Reformationszeit, im Jahre 1531. Ein Morgenlied, welches Samuel Scheidt in seine Sammlung Görlitzer Tabulaturbuch aus dem Jahre 1650 aufnahm. Leider steht es nicht im Gesangbuch. Wachsam und treu sein, beten und Gott loben - diese Tugenden werden hier besungen. Wir hörten daraus die 1. und die 10. Strophe. Jetzt folgt Scheidt Orgelchoral.
Gedenken
Heute am Volkstrauertag, einem der sogenannten "stillen Tage", von denen es in Deutschland je nach Bundesland bis zu 13 gibt, in Bayern gibt es 7, gedenken die Menschen der Opfer von Gewalt und Krieg aller Nationen. Er wird seit 1952 in der Bundesrepublik Deutschland immer am vorletzten Sonntag im Kirchenjahr begangen.
Loge des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Dieser Gedenktag wurde ursprünglich 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges vorgeschlagen. Er wurde erstmals am 1. März 1925 begangen. In der Folgezeit änderten sich bald die Termine für dieses Gedenken. Sie schwankten immer in der Zeit von Ende Februar bis Mitte März, und die beiden Diktaturen nutzen diesen Tag auch, um ihre einseitige Propaganda unter die Leute zu bringen.
Im Wikipedia-Lexikon steht dazu:
"Anfang der 1950er-Jahre erschien es eine Einigung zu geben, den Volkstrauertag an das Ende des Kirchenjahres auf den vorletzten Sonntag vor dem ersten Advent zu verlegen; diese Zeit wird theologisch durch die Themen Tod, Zeit und Ewigkeit dominiert. Dazu wurden ab 1952 in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland Gesetze über die Feiertage erlassen. Da der Volkstrauertag immer auf einen Sonntag fällt, ist er jedoch in keinem Bundesland ein gesetzlicher Feiertag."
Gemeint ist natürlich die damalige Bundesrepublik ohne die DDR. Inhaltlich ging es zunächst immer vor allem um die gefallenen Soldaten der beiden Weltkriege, weshalb auch viele Gedenkfeiern auf deutschen Soldatenfriedhöfen oder im direkten Umfeld eines Kriegerdenkmales stattfinden. Schaut man sich die Grabsteine an, sieht man, wie viele junge Männer ihr Leben lassen mussten, ungefragt, ob sie in den Krieg ziehen wollten.
Doch zunehmend weitete sich der Blick hin auf alle Kriege und alle Opfer derselben weltweit. Und das ist gut so. Entsprechend sind auch die Ansprachen, die zu diesem Anlass gehalten werden. Vielerorts kommen da auch Geistliche verschiedener Konfessionen zu Wort und mahnen eindringlich unter Verwendung von Bibelworten zum Frieden.
Natürlich bleibt die Gefahr bis heute nicht aus, dass einseitige Schuldzuweisungen proklamiert werden und damit die eigene fehlende Bereitschaft zur Friedfertigkeit übertüncht wird. Die Kirchen haben deshalb die Aufgabe, jede Art der Friedlosigkeit und des Sich-Drückens und die Bereitschaft zur Versöhnung schonungslos aufzudecken. Nur so kann das von Gott gegebenen prophetische Amt der Kirche ernst- und wahrgenommen werden.
Was natürlich eher selten oder nie offiziell direkt angesprochen wird, sind die tatsächlichen Ursachen der Kriege; die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit wegen der Macht-, Einfluss- und Geldgier. Steht nicht schon in der Bibel, dass Habgier die Wurzel allen Übels ist, und zwar im Kleinen wie im Großen?! Man könnte glatt meinen, die Menschen sind zu dumm zum Frieden.
Unsere Empfehlung: Hören Sie genau und kritisch hin, was auf den Gedenkveranstaltungen gesagt wird. Inwieweit zur Selbstkritik aufgerufen wird, dass sei das Kriterium für die Aufrichtigkeit des jeweiligen Redners.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Eine echte Versöhnungsgeschichte, die leider keine echte Versöhnungstradition bewirkt hat, möchte ich heute präsentieren, nämlich die Versöhnung von Jakob und Esau. Sie steht im 1. Buch Mose, Kapitel 33.
Die beiden Zwillingsbrüder waren ja aufgrund des von Jakob erschlichenen Erstgeburtssegens Todfeinde geworden, wobei Esau selbst die tiefste Ursache für den Konflikt geliefert hatte, als er sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht eintauschte. Eigentlich zog Esau seinem Bruder mit Tötungsgedanken und voll gerüstet entgegen. Jakob hingegen sandte Geschenke voraus.
Julius Schnorr von Carolsfeld 1860 - Jakob und Esau versöhnen sich - Bild: akg-images.de
Jakobs Versöhnung mit Esau:
Jakob hob seine Augen auf und sah seinen Bruder Esau kommen mit vierhundert Mann. Und er verteilte seine Kinder auf Lea und auf Rahel und auf die beiden Leibmägde und stellte die Mägde mit ihren Kindern vorne an und Lea mit ihren Kindern dahinter und Rahel mit Josef zuletzt. Und er ging vor ihnen her und neigte sich siebenmal zur Erde, bis er zu seinem Bruder kam.
Esau aber lief ihm entgegen und herzte ihn und fiel ihm um den Hals und küsste ihn und sie weinten. Und Esau hob seine Augen auf und sah die Frauen mit den Kindern und sprach: "Wer sind diese bei dir?" Er antwortete: "Es sind die Kinder, die Gott deinem Knecht beschert hat."
Und die Mägde traten herzu mit ihren Kindern und neigten sich vor ihm. Lea trat auch herzu mit ihren Kindern und sie neigten sich vor ihm. Danach traten Josef und Rahel herzu und sie neigten sich auch vor ihm.
Und Esau sprach: "Was willst du mit all den Herden, denen ich begegnet bin?" Er antwortete: "Dass ich Gnade fände vor meinem Herrn." Esau sprach: "Ich habe genug, mein Bruder; behalte, was du hast." Jakob antwortete: "Ach nein! Hab ich Gnade gefunden vor dir, so nimm mein Geschenk von meiner Hand; denn ich sah dein Angesicht, als sähe ich Gottes Angesicht, und du hast mich freundlich angesehen. Nimm doch diese Segensgabe von mir an, die ich dir zugebracht habe; denn Gott hat sie mir beschwert und ich habe von allem genug." So nötigte er ihn, dass er sie nahm.
Schon in den Vätergeschichten des 1. Buches Mose eine so großartige Erzählung von der Versöhnung zweier Brüder. Wem sie zu Herzen geht, kann nicht unversöhnlich bleiben. Sie wird nur vom am Kreuz leiden Jesus übertroffen, als er sagte: "Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."
Keine Parteinname, keine Kirchenzugehörigkeit, keine sonstige Äußerung, nichts anderes bringt die Wahrheit über Menschen ans Licht als allein die Versöhnungsbereitschaft, ob sie denn da ist oder nicht. Paulus mahnte in seinem 2. Brief an die Korinther, Kapitel 5, Vers 20:
"So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!"
So ist also das Versöhntsein mit Gott die unbedingte Voraussetzung für die Versöhnung mit anderen Menschen. Gott, der eigentliche Erstversöhner, kommt jedem von uns Menschen entgegen, uns in seine Arme zu schließen. -AMEN-
Johann Walter, der Urkantor der Reformation, rief in seinem bekanntesten Lied ganz Deutschland auf, aufzuwachen. Es steht im Evangelischen Gesangbuch 145 "Wach auf, wach auf, du deutsches Land!" Da heißt es in den Strophen 1, 5 und 6:
1. Wach auf, wach auf, du deutsches Land! / Du hast genug geschlafen. / Bedenk, was Gott an die gewandt, / wozu er dich erschaffen. / Bedenk, was Gott dir hat gesandt / und dir vertraut sein höchstes Pfand, / drum magst du wohl aufwachen.
5. Die Wahrheit wird jetzt unterdrückt, / will niemand Wahrheit hören; / die Luge wird gar fein geschmückt, / man hilft ihr oft mit Schwören; / dadurch wird Gottes Wort veracht`, / die Wahrheit höhnisch auch verlacht, / die Lüge tut man ehren.
6. Gott warnet täglich für und für, / das zeugen seine Zeichen, / denn Gottes Straf ist vor der Tür, / Deutschland , lass dich erweichen, / tu rechte Buße in der Zeit, / weil Gott dir noch sein Gnad anbeut / und tut sein Hand dir reichen.
Wir hören jetzt die erste Strophe als zweistimmigen Gesang: (Wach auf, wach auf, du deutsches Land - zweistimmiger Gesang).
Lasset uns beten: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Ewiger Gott, unser Schöpfer. Du hast die Welt geschaffen, damit wir Menschen in Harmonie mit Dir, miteinander und mit der übrigen Schöpfung leben. Doch immer wieder haben wir Menschen Dich missachtet und das zerstört, was Du geschaffen hast, sind leichtfertig mit Deinen guten Gaben umgegangen.
Du bist ein Befreier. Du hast das Volk Israel aus der Knechtschaft des Pharaos befreit und uns zur Freiheit berufen. Doch immer wieder gelang es Menschen, andere zu unterdrücken und zu Opfern der Macht- und Geldgier werden zu lassen, waren erfinderisch im Bösen.
Du bist ein Bereiter. Du hast dem Volk Israel eine Heimat bereitet, in der Milch und Honig fließen. Du hast durch Jesus Christus das Reich Gottes auf dieser, Deiner Welt anbrechen lassen. Doch immer wieder haben Menschen dessen hohe Güter der Barmherzigkeit und Treue, Gerechtigkeit und Frieden verachtet und mit Füßen, oft genug mit Soldatenstiefeln, zertreten, ja mit Waffen bekämpft. Auch von unserem Land geht immer noch kein wahrer Friede aus. Und das alles bis zum heutigen Tage.
Du rufst zu Reue und Umkehr. Aber nur wenige Menschen sind dazu aufrichtigen Herzens bereit. Darum bitte ich Dich: Vater vergib. Und lehre uns deinen Weg des Friedens, nämlich zu vergeben und uns vergeben zu lassen.
Sieh auch an die Kriege und die große Not in unserer Zeit, erbarme Dich erneut Deiner Welt, erweiche die Herzen der Menschen und fange auch bei mir an. Schenke Heilung trotz aller menschlichen Vergehen. Darum bitte ich Dich um Christi willen. Denn ich vertraue darauf, dass Deine Macht der Liebe größer ist als alle Mächte des Bösen. Darum rufe ich zu Dir.
VATER UNSER IM HIMMEL........-AMEN-
Mäßig im Tempo, gleichsam versöhnlich in den Klängen und F-Dur in der Tonart kommt das Orgelstück am Schluss daher von Adolf Friedrich Hesse, der von 1809-1863 lebte.
Vergessen Sie bitte nicht: Am kommenden Mittwoch ist der Buß- und Bettag. Den kann man freilich auch alleine begehen, besser aber in Gemeinschaft mit anderen, damit die Versöhnungsbereiten sich gegenseitig erkennen.
Herzlich grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-