Das waren wieder einmal die Glocken der Evangelisch-Lutherischen Kreuzkirche zu Aidenbach in Niederbayern. Sie läuteten unsere 50. Internetandacht in diesem Kirchenjahr ein, zu der wir Sie recht herzlich begrüßen!
Kreuzkirche in Aidenbach mit Glockenturm - Bild: Greinke
Die "Lübecker Märtyrer" und die Friedensdekade 2024 angesicht von Kriegsrethorik - das sind unsere heutigen Themen im Gedenken und in der Andacht.
Der 9. CHeSchWaN ist da. Das ist der 9. Tag des 8. Mondmonats biblischer Zählung und zugleich des 2. im neuen biblischen Jahr. Der gesamte Zyklus eines Mondmonats dauert ungefähr 29,5 Tage. Da aber ein Monat aus ganzen Tagen besteht, ist er manchmal 29 und manchmal 30 Tag lang.
Bild: de.tutiempo.net - 9. CheSchWaN
Der heutige drittletzte Sonntag im Kirchenjahr 2024 fällt auf den 10. November. Das ist der Geburtstag Martin Luthers, der 1483 in Eisleben das Licht der Welt erblickte. Und es beginnt heute die 10tägige Friedensdekade "Vom Frieden erzählen", die am Buß- und Bettag ihren Abschluss findet.
August Reinhard (1831-1912) schrieb das nun folgende Orgelstück in d-Moll.
Gedenken
Gedenktage sind oft die Todestage, derer man gedenkt. So steht im Evangelischen Namenskalender der Name der Pfarrers Karl Friedrich Stellbrink und sein Todesjahr 1943. Das lässt schon Schlimmes ahnen.
v.l.n.r. Johannes Prassek, Eduard Müller, Hermann Lange und Karl Friedrich Stellbrink - Foto: lübeckermärtyrer.de
Tatsächlich gehörte er zusammen mit den drei katholischen Priestern Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange zu den sogenannten "Lübecker Märtyrern", die miteinander befreundet waren. Die katholischen Priester waren an der Herz-Jesu-Kirche in Lübeck tätig. Stellbrink war Pastor der dortigen Lutherkirche.
Wegen seiner Predigt am Palmsonntag 1942 wurde er am 7. April 1942 verhaftet. Nach ihm im Mai und Juni desselben Jahres die drei katholischen Priester. Ein Jahr später, vom 22. bis 24. Juni 1943, fand ihr Prozess vor dem 2. Senat des Volksgerichtshofes statt.
Die Geistlichen wurden wegen Rundfunkverbrechen, landesverräterischen Feindbegünstigung und Zersetzung der Wehrkraft zum Tode verurteilt. Der wahre Grund waren ihre öffentlichen, kritischen Bemerkungen, die sie als Geistliche zu den Unrechtstaten der Nationalsozialisten geäußert hatten.
Sie wurden am 10. November 1943 kurz hintereinander in der Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis in Hamburg mittels der Guillotine enthauptet.
Die Lübecker Märtyrer praktizierten schon damals lebendige Ökumene im Widerstand gegen die Staatsgewalt. Im Gegensatz zu ihren jeweiligen kirchlichen Vorgesetzten zeigten sie die klare Haltung, dass die christliche Ethik den Regeln der staatlichen Ideologie nicht nur überlegen, sondern auch übergeordnet ist.
Während der damals für die katholischen Priester zuständige Bischof von Osnabrück, Wilhelm Berning, die Geistlichen im Gefängnis besuchte und ein Gnadengesuch schrieb, welches aber abgelehnt wurde, erhielt Pastor Stellbrink keinerlei Unterstützung seiner Landeskirche und wurde vor seiner Hinrichtung wegen seiner Verurteilung aus dem kirchlichen Dienst entlassen.
Die drei katholischen Geistlichen wurden am 25. Juni 2011 seliggesprochen. An Pfarrer Karl Friedrich Stellbrink wird seit 1969 im Evangelischen Namenskalender erinnert.
Selbstverständlich sind nebst anderen die Lübecker Herz-Jesu-Kirche und die Lutherkirche Gedenkorte der Lübecker Märtyrer geworden. In letzterer sind die Briefe aus der Haft und insbesondere die Abschiedsbriefe der Ermordeten in der Ausstellung "....ich kann dich sehen" zu lesen.
Wir lernen daraus; Wenn sich die kirchliche Obrigkeit eher mit den jeweiligen Machthabern verbündet als mit ihren Glaubensgeschwistern im auch prophetischen Dienst der Kirche, ist das Verrat am Leib Christi mit bis zu tödlichen Folgen für die Verfolgten.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Vom Frieden erzähle ich gerne: "Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gotteskinder heißen", sagte Jesus im Rahmen seiner berühmtesten Rede, der sogenannten "Bergpredigt".
Bergpredigt - Bildquelle: derherrjesusliebeweebly.com
Ich nenne sie seine Antrittsrede. Aus der geht seine Gesinnung hervor. Es ist die unbequemste Antrittsrede, die es je gab. Kein Religionsstifter hat etwas Vergleichbares von sich gegeben. Diese Rede ist zu einem Menschheitstext geworden, denn sie grenzt niemanden aus. Jesus lädt mit ihr in irdische Himmelreich, ins Reich Gottes ein, wo es all das nicht gibt, was Leid und Not verursacht.
An deren Anfang stehen die 8 "Seligpreisungen", genau genommen sind es zweimal 4. Und das Wörtchen "selig" ist als ein Gratulationswort zu verstehen im Sinne von: "Zu gratulieren sind, ..."
Nun sind es nicht 8 verschiedenen Gruppen, die Jesus zu gratulieren empfiehlt, sondern nur ein oder zwei.
Man könnte so übersetzen:
"Selig sind, die da arm sind im Geist; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind, die Traurigen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Besitzlosen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die die du hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden."
"Arm im Geist", oder gar "geistlich arm", wie Luther fälschlicherweise übersetzt hat, bedeutet nicht etwa, dass jemand geistig minderbemittelt, beschränkt oder gar dumm ist, sondern, dass er keinerlei Machtbefugnisse hat, etwa mit Worten etwas gebieten kann, was andere dann zu tun haben. Es sind also die Machtlosen.
Dieselben sind auch die Trauernden und die mit leeren Taschen, weil ihre völlige Machtlosigkeit auch ihre Armut begründet und bedeutet. Und freilich hungern und dürsten sie nach Gerechtigkeit. Es ist also ein dieselbe Menschengruppe, die offensichtlich immer schon ziemlich groß war und immer mehr anwächst.
Jetzt kommt eine zweite dran:
"Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich."
Barmherzige Menschen sind reinen Herzens, sind friedfertig, friedenstiftend. Und sie sind es auch, die für Gerechtigkeit eintreten. Eins aber lehren Geschichte und Gegenwart eindringlich:
Wer sich für Gerechtigkeit einsetzt, stört die Reichen und die Machthaber. Machthaber sind immer reich und Reiche haben immer Macht. Die wollen natürlich behalten, was sie haben.
Da kommen ihnen die in die Quere, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, die den Armen die Augen öffnen für den Grund ihrer Armut. Die sind dann Ziele der Verdächtigung, Diffamierung, Ausgrenzung und schließlich Verfolgung.
Wer friedfertig, friedenstiftend ist, ist friedenstüchtig und muss aller Kriegstüchtigkeit eine entschiedene Absage erteilen. Wer jedoch sogar zu Kriegstüchtigkeit aufruft, wendet sich direkt gegen Jesus von Nazareth, sagt sich von der Gotteskindschaft los, befördert Ungerechtigkeit und sorgt für noch mehr Leid und Traurigkeit. Auf dem ruht ein Fluch.
So bleibt uns - auch angesichts des Vermächtnisses der Lübecker Märtyrer - wachsam zu sein und in dieser Friedensdekade als Gotteskinder zusammenzuhalten und zu Gott inständig zu flehen, er möge allen Kriegstreibenden ein Ende setzen und uns immer wieder Wege zum Frieden aufzeigen im Kleinen und im Großen, und uns durch seinen Heiligen Geist lehren, damit wir endlich wirklich friedfertig, friedenstüchtig werden. Die Menschheit sehnt sich danach und darauf ruht großer Segen. -AMEN-
Duo Pepper - Foto: duopepper.com
"Gib Frieden, Herr, gib Frieden", das ist der Titel des nun folgenden Liedes, im Evangelischen Gesangbuch Nr. 430.
1. Gib Frieden, Herr, gib Frieden, / die Welt nimmt schlimmen Lauf. / Recht wird durch Macht entschieden, / wer lügt, liegt obenauf. / Das Unrecht geht im Schwange, / wer stark ist, der gewinnt. / Wir rufen: Herrr, wie lange? / Hilf uns, die friedlos sind.
2. Gib Frieden, Herr, wir bitten! / Die Erde wartet sehr. / Es wird so viel gelitten, / die Furcht wächst mehr und mehr. / Die Horizonte grollen, / der Glaube spinnt sich ein. / Hilf, wenn wir weichen wollen, / und lass uns nicht allein.
3. Gib Frieden, Herr, wir bitten! / Du selbst bist, was uns fehlt. / Du hast für uns gelitten, / hast unsern Streit erwählt, / damit wir leben könnten, / in Ängsten und doch frei, / und jedem Freude gönnten, / wie Feind er uns auch sei.
4. Gib Frieden, Herr, gib Frieden: / Denn trotzig und verzagt / hat sich das Herz geschieden / von dem, was Liebe sagt! / Gib Mut zum Händereichen, / zur Rede, die nicht lügt, / und mach aus uns ein Zeichen / dafür, dass Friede siegt.
Lassest uns beten: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,
dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt,
dass ich verbinde, da, wo Streit ist,
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum herrscht,
dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel drückt,
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich ein Licht anzünde, wo Finsternis regiert,
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Ach Herr, lass du mich trachten; nicht dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen; und wer da stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. -AMEN-
VATER UNSER IM HIMMEL.........-AMEN-
Zum Ausklang am Ende der Andacht hören wir vom Hallenser Komponisten Friedrich Wilhelm Zachau (1663-1712) eine Choralfughette zum Lied "Allein zu dir, Herr Jesu Christ".
Meine eindringliche Mahnung an uns alle: Lasst uns friedenstüchtiger werden, damit die Kriegstüchtigen keine Chance haben. Auf uns Christen kommt es an.
Herzlich grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Duo Pepper, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-