Freue dich, Israel, seiner Gnaden - Eine Andacht zum Erntedankfest 2024.
Die Glocken der Erlöserkirche zu Vilshofen: Sie rufen zur Andacht und Besinnung, zum Zwecke dankbarer Gesinnung.
Ein neues Mondjahr hat in der vergangenen Woche mit dem 7. Mondmonat TiSchRI begonnen, der auch ETaNiM heißt. Derselbe ist an seinem 4. Tag angekommen.
Bild: de.tutiempo.net - 4. TiSchRI
Heute, am 6. Oktober 2024, ist der 19. Sonntag nach Trinitatis. Immer am 1. Sonntag im Oktober ist offizieller Erntedanktag. Natürlich kann es Gründe geben, diesen Schwerpunkt eine Woche vorzuziehen oder auf den nächsten Sonntag zu verlegen.
Jedenfalls geziemt es sich für uns Menschen, gegen Ende der Erntezeit sich beim Schöpfer in besonderer Weise zu bedanken. Das ist Bestandteil der biblischen Lehre und des jüdischen und unseres christlichen Glaubens. Man kann ja auch das Erntedankfest als Abschlussfest der Schöpfungs-Gedenkzeit interpretieren, die mit dem 1. September gegonnen hat, auch wenn sie offiziell nur bis zum 4. Oktober geht.
Johann Heinrich Christian Rinck, der von 1770 bis 1844 lebte und vor allem in Gießen und Darmstadt wirkte, ist der Komponist des nun folgenden Orgelstückes in F-Dur, welches mit drei Akkorden anfängt, als würden sie eine große Kirchentüre öffnen.
Gedenken
Unser christliches Erntedankfest hat eine lange Tradition, die bis tief in biblische Zeiten hineinragt. Davon soll später die Rede sein. Und es gab natürlich auch in den vorchristlichen Naturreligionen Erntedankfeste.
So kann man anerkennend feststellen, dass es vor und außerhalb der biblisch-jüdisch-christlichen Kultur durchaus ein Bewusstsein dafür gab und noch gibt, dass es nicht allein in unserer Hand liegt, ob unsere Arbeit und Mühe gelingen und ob wir satt zu essen haben. Die großen Stichworte dazu sind "Segen" und "Dank".
In der christlichen Tradition ist das Erntedankfest seit dem 3. Jahrhundert belegt, was nahelegt, dass es auch vordem schon ein solches gegeben hat; denn der Dank spielte ja in der biblischen Tradition schon immer eine sehr große Rolle.
Freilich gab es unterschiedliche Daten. Es kam allmählich zu einem Termin Ende September oder Anfang Oktober, nämlich am Michaelistag oder am darauffolgenden Sonntag. Der preußische König Friedrich der Große bestätigte ihn 1773 in seinem Reich mit einem Erlass.
Seit 2008 wird der offizielle Erntedanktag immer auf den ersten Sonntag im Oktober festgelegt. So hält man es auch in anderen Kirchen, von gewissen regionalen und innergemeindlichen Ausnahmen abgesehen.
Zur Erntedankfest-Tradition gehört das Schmücken des Altarraumes mit Erntegaben und mehr oder weniger schon bearbeiteten Naturprodukten, also Honig, Mehr, Brot, Wein und andere. Die Gaben werden von Gemeindegliedern gebracht und zusammengestellt.
Erntedank-Altar im Katharina-von-Bora Haus in Eging am See. Foto: Lau-Hartl
Erntedank-Krone Eging aufgestellt in der Erlöserkirche in Vilshofen. Foto: Lau-Hartl
Gekrönt im wahrsten Sinne des Wortes wird das Ganze an vielen Orten mit einem Erntekranz oder einer Erntekrone. Leider ist diese Tradition - vor allem in städtischen Gemeinden im Schwinden.
Dann haben wir auch viele schöne Erntedanklieder aus mehreren Jahrhunderten. Diese sprechen in ihren Texten von dem, was gewachsen ist, fordern zum Dank an Gott auf, dem Schöpfer und Erhalter des Lebens, preisen ihn für seine Wohltaten und versinnbildlichen die Ernte auch mit den Gedanken an das ewige Leben.
Ein zusätzliches Erntedankopfer an diesem Fest sind Spendensammlungen. Die in den letzten Jahren zunehmend den notwendig gewordenen sogenannten "Tafeln" zugutekommen, denn die Zahl der Armen in unserem Land ist derart gestiegen, dass an vielen Orten jeder dritte Empfangsberechtigte für eine Woche nicht bedient werden kann.
Und es gibt leider auch Supermärkte, die sich strikt weigern, den Tafeln etwas zu überlassen. Lieber lassen sie tonnenweise Nahrungs- und Lebensmittel verderben und vernichten. Da fragt man sich schon: Warum gibt es da keine gesetzlichen Reglungen, wo es doch sonst so viele gibt, die bis in die private Sphäre der Menschen hineindiktieren, was von vielen als strukturelle übergriffige Gewalt empfunden wird?
Gedankt sei an dieser Stelle den vielen freiwilligen Helfern der Tafeln und allen Menschen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen auszugleichen, wozu die Mächtigen nicht willens, zu schwach und unfähig sind.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Liebe Schwestern und Brüder!
Heute möchte ich auf die Wurzel des Erntedankfestes hinweisen. Sie liegt im biblischen sogenannten "SuKOT" - "Laubhüttenfest".
Die Bibel bestimmt im 5. Buch Mose, Kapitel 16, Verse 13-15, die Jahreszeit, in der dieses Fest stattfindet, wie lange und wer alles mitfeiern soll.
"Das Laubhüttenfest sollst du halten sieben Tage, wenn du eingesammelt hast von deiner Tenne und von deiner Kelter, und du sollst fröhlich sein an deinem Fest, du und dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, der Levit, der Fremdling, die Waise und die Witwe, die in deiner Stadt leben.
Sieben Tage sollst du dem HERRN, deinem Gott, das Fest halten an der Stätte, die der HERR erwählen wird. Denn der HERR, dein Gott, wird dich segnen in deiner ganzen Ernte und in allen Werken deiner Hände: darum sollst du fröhlich sein."
Aha, also auch im Herbst, wenn nach anderen Ernten mit dem Einfahren vor allem der Obst- und Weinernte das Gefühl der Dankbarkeit gewachsen ist - damals war es und ist bis heute im Judentum sogar ein 7tägiges Fest, immer zu Beginn der zweiten Hälfte des Mondmonats TiSchRI. Das ist heuer erst ab dem 17. Oktober.
Es erinnert an Gottes Güte, der sein Volk auch in der Wüste ernährte und auch uns reichlich beschenkt. Nach der Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten wohnten die Israeliten auf dem Weg durch die Wüste nämlich übergangsweise immer wieder in Hütten. Deswegen das Laubhüttenfest:
Man baute und baut bis heute im Judentum jedes Jahr zur genannten Zeit Laubhütten in den Höfen, Gärten oder sogar auf den Terrassen und Balkonen, schmückt sie mit Blumen und Bildern und sitzt bei gutem Essen und Trinken beisammen. Will heißen: Gott kann und will selbst in zugigen Hütten und unter widrigen Witterungsverhältnissen für unser Wohlergehen sorgen.
Laubhüttenfest-kirche-hr.de
Mose warnte das Volk in Gottes Auftrag in einer seiner letzten großen Reden unter anderem mit folgenden Worten: "Wenn du gegessen hast, sollst du den HERRN deinen Gott, loben. So hüte dich nun davor, den HERRN, deinen Gott, zu vergessen. Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott vergisst.
Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen. Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist`s der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen." (aus 5. Mose 8)
Obgleich wir Christen keine Laubhütten mehr bauen: Ein Erntedankfest als solches ist aber - Gott sei Dank - auch uns geblieben. Die Dankbarkeit für seine Wohltaten steigert das Vertrauen in Gott, dem großen Bereiter, von dem wir eine gebebereite Gesinnung lernen können. Und das ist der Zweck unseres Festes. -AMEN-
Es folgt Lied 502 "Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit", daraus die Strophen 1, 4 und 5.
1. Nun preiset alles Gottes Barmherzigkeit!
Lob ihn mit Schalle, werteste Christenheit!
Erlässt dich freundlich zu sich laden;
freue dich, Israel, seiner Gnaden,
freue dich, Israel, seiner Gnaden!
4. Er gibet Speise reichlich und überall,
nach Vaters Weise sättigt er allzumal;
er schaffet frühn und späten Regen,
füllet uns alle mit seinem Segen,
füllet uns alle mit seinem Segen.
5. Drum preis und ehre seine Barmherzigkeit;
sein Lob vermehre, werteste Christenheit!
Uns soll hinfort kein Unfall schaden;
freue dich, Israel, seiner Gnaden,
freue dich, Israel, seiner Gnaden!
Lasset uns beten: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Herr, unser Gott, lieber himmlischer Vater. Du bist der Schöpfer und Erhalter allen Lebens. Du hast mich wieder ein ganzes Jahr genährt und mit allem, was notwendig ist, beschenkt. Dafür danke ich dir.
Ich bitte dich:
Lehre uns Menschen, deine gute Schöpfung zu bewahren.
Lehre uns, deine Gaben als Saat der Gerechtigkeit zu erkennen.
Lehr uns, dankbare und zufriedene Menschen zu werden und zu bleiben.
Hilf allen, die ehrlich arbeiten, dass sie davon leben können.
Hilf, dass alle Mächtigen und Geldgierigen ihre Grenze finden.
Hilf allen, die in Not, Elend sind und unter dem Krieg leiden, besonders allen Kindern, dass sie gerettet und satt werden.
Öffne unsere Herzen für Menschen, die uns brauchen. Gütiger Gott, von deiner Liebe und Freundlichkeit leben wir, deinen heiligen Namen preisen wir. Deinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, wollen wir folgen, der mit dir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit. -AMEN-
VATER UNSER IM HIMMEL...........-AMEN-
Zum Beschluss unserer Erntedank-Andacht erklingt ein 3stimmiger Orgelchoral zum sehr bekannten Danklied "Nun danket alle Gott". Die Melodie ist darin ein wenig versteckt in der mittleren Stimme.
Ein gesegnetes Erntedankfest wünschen Ihnen mit herzlichen Grüßen Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-