Die beiden Glocken vom spitzen Turm neben dem Eginger Gemeindezentrum Katharina-von-Bora waren wieder dran, eine Andacht der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden Vilshofen-Eging und Aidenbach einzuläuten. Herzlich willkommen dazu, wo Sie auch sind!
Der 5. Mondmonat in der biblischen Reihenfolge ist zugleich der 11. vom biblischen Jahresbeginn und heißt A W. Wir haben heute den 7. A W. Es ist fast Halbmond.
Bild: de.tutiempo.net - 7. A W
Das vom Mondkalender abhängige Kirchenjahr zeigt uns am heutigen 11. August 2024 den 11. Sonntag nach Trinitatis an. Nach evangelischer Tradition geht es um die Gnade Gottes, von der wir alle leben, nicht von unseren Leistungen, mit denen wir Gott nicht beeindrucken können.
Jetzt hören wir Orgelmusik, und zwar ein Präludium in h-Moll vom norddeutschen Komponisten D. Meyer aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert.
Wir feiern unsere Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. -AMEN-
Reformationsgedenken:
Johann Tetzel, der berüchtigte Ablasshändler zu Luthers Zeiten, ist bekannt mit dem Spruch: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt." Er war um 1460 in Pirna, südlich von Dresden, als Sohn eines Goldschmiedes oder Betreibers eines Handelsgeschäftes geboren. Studiert hatte Tetzel in Leipzig. Dort wirkte er auch als Prediger und theologischer Lehrer.
Porträt Johann Tetzel in einem Stich von 1711 - Quelle: Wikipedia.
1504 begann Tetzel seine Tätigkeit im Ablasshandel. 1516 ernannte das Bistum Meißen Tetzel zum Subkommissar beim Ablasshandel für den Bau der Peterskirche in Rom.
Tetzels Ablasshandel - Quelle: studyflix.de
In gleicher Mission war er ab 1517 im Auftrag des Erzbischofs von Magdeburg und Mainz unterwegs. Dieses Wirken war auch der Anlass für den Thesenanschlag Luthers in Wittenberg und den Beginn der Reformation.
Tetzel-Ablasskasten in Jüterbog 1510 - Quelle: Wikipedia.
Ab 1518 lebte Tetzel wieder im Paulinerkloster in Leipzig. Im gleichen Jahr wurde er aufgrund einer Ermächtigung durch Papst Leo X. zum Doktor der Theologie ernannt. 1519 starb er in Leipzig an der Pest. Er wurde im Chor der Paulinerkirche begraben.
Die eine Hälfte der Einnahmen vom Ablasshandel diente dem Bau des Petersdoms in Rom, während die andere sich der Erzbischof Albrecht von Brandenburg und der jeweilige Ablassprediger teilten. Der Erzbischof benötigte die Einkünfte, um seine gegenüber den Fuggern aufgelaufenen Schulden abzuzahlen.
Tetzel wirkte zwar im Gebiet des Erzbistums Magdeburg, doch kamen zu ihm auch die Wittenberger Bürger, um sich, statt durch echte Buße, durch Geld von ihren Sünden zu befreien. Martin Luther, Beichtvater vieler Wittenberger, bemerkte dies mit Bitterkeit. Er prangerte den - seiner Meinung nach schändlichen Ablasshandel an, da dieser seine Vorstellung von einem sündigen Menschen, der sich wegen schlimmer Taten einem Leben der Demut unterwirft, geradezu verhöhnte.
Die 95 Thesen, die er als Reaktion darauf in Wittenberg veröffentlicht hatte, stehen für den Ausdruck einer tiefgreifenden Enttäuschung und gelten als Auslöser der Reformation. Kurz vor Tetzels Tod am 11. August 1519 schickte Luther ihm einen Trostbrief.
Liebe Schwestern und Brüder!
Eine außergewöhnliche Begegnungsgeschichte möchte ich heute erzählen, geschehen im Hause eines Pharisäers namens Simon, bei dem Jesus zu einem Essen eingeladen war. Dieser Simon hatte offenbar schon viel von Jesus gehört und hoffte herauszubekommen, ob er vielleicht wirklich ein Prophet oder gar der Messias sei. Wir haben also diesem Pharisäer die folgende Geschichte zu verdanken.
Es bat ihn aber einer der Pharisäer, bei ihm zu essen. Und er ging hinein in das Haus des Pharisäers und setzte sich zu Tisch. Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin. Als die vernahm, dass er zu Tisch saß im Haus des Pharisäers, brachte sie ein Glas mit Salböl und trat von hinten zu seinen Füßen, weinte und fing an, seine Füße mit Tränen zu benetzen und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und küsste seine Füße und salbte sie mit Salböl.
William Blake (1757-1827): Jesus wird von einer Sünderin gesalbt - Quelle: pixers.de
Eigentlich skandalös, dass diese stadtbekannte berufliche Sünderin ohne Anmeldung einfach in ein Haus eindringt, sich an Jesus heranschleicht und in ziemlich erotisch anmutender Weise ihn berührt, mitten bei einem Essen.
Als aber das der Pharisäer sah, der ihn eingeladen hatte, sprach er bei sich selbst und sagte: ´Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er, wer und was für eine Frau das ist, die ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin.`
Immerhin - der Pharisäer hat die Frau nicht gleich rausgeschmissen, sondern sie war ihm eine Anzeige dafür, dass Jesus unmöglich ein Prophet sein konnte, wenn er das gewähren ließe. Der Pharisäer schien genau zu wissen, wie sich ein Prophet zu verhalten hat in solch merkwürdiger und anstößiger Situation.
Jesus erkannte sofort, vielleicht auch am Gesichtsausdruck des Pharisäers, was dieser dachte, und erzählte ihm eine kleine Gleichnis-Geschichte von den zwei Schuldnern. Die schafft erstmal einen gewissen Abstand zur eben entstandenen Situation.
Jesus antwortete und sprach zu ihm: "Simon, ich habe dir etwas zu sagen." Er aber sprach: "Meister, sag es!" "Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Einer war fünfhundet Silbergroschen schuldig, der andere fünfzig. Da sie aber nicht bezahlen konnten, schenkte er`s beiden. Wer von ihnen wird ihn am meisten lieben?" Simon antwortete und sprach: "Ich denke, der, dem er am meisten geschenkt hat." Er aber sprach zu ihm: "Du hast recht geurteilt."
Die Antwort lag ja auf der Hand. Es konnte gar nicht anders sein. Und Jesus bestätigte ihm das. So konnte er ihn gedanklich weiterführen und ihm zeigen, was das Gleichnis mit ihm und mit der Sünderin zu tun hat:
Und er wandte sich zu der Frau und sprach zu Simon: "Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen; du hast mir kein Wasser für meine Füße gegeben; diese aber hat meine Füße mit Tränen benetzt und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Kuss gegeben; diese aber hat, seit ich hereingekommen bin, nicht abgelassen, meine Füße zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; sie aber hat meine Füße mit Salböl gesalbt."
Vielleicht hatte ja dieser Simon in der Aufregung vergessen, wenigstens eine Schüssel mit Wasser für die staubbedeckten Füße hinzustellen. Vielleicht dachte er gar nicht an einen Bruderkuss, weil er trotz der Einladung einen gewissen Abstand zu diesem merkwürdigen Jesus halten wollte. Und wie sollte er dazu kommen, Jesus sogar zu salben?
Aber die Sünderin tat es eben - aus welchem Motiv heraus auch immer. Und sie hatte dabei sehr kostbares, wahrscheinlich importiertes Nardenöl verwendet, von dem normale Menschen damals nicht zu träumen wagten. Allein schon die Flasche an sich hatte einen ungeheuren Wert!
"Deshalb sage ich dir: " - fuhr Jesus fort - "Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel Liebe gezeigt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig." Und er sprach zu ihr: "Dir sind deine Sünden vergeben."
Merken Sie`s? Jesus stellte den Simon nicht auf plumpe Weise bloß, sondern behutsam brachte er ihm etwas bei über Vergebung, Barmherzigkeit und Gnade. Was fällt uns noch auf? Die Sünderin sagte kein einziges Wort. Sie sprach nur mit ihren Gesten.
Erst am Ende der Geschichte kommt heraus, dass auch noch andere Männer zu Tisch saßen, das heißt: Tatsächlich lagen sie in einer bestimmten Haltung etwas schräg, auf Polstern gestützt, zu Tisch:
Da fingen die an, die mit zu Tisch saßen, und sprachen bei sich selbst: "Wer ist dieser, der auch die Sünden vergibt?"
Na wer wohl, wenn nicht der Heiland der Welt, der Prophet und Messias zugleich?! Denn eigentlich kann ja nur Gott die Sünden endgültig vergeben.
Jesus überlässt es den Anwesenden, sich diese Frage zu beantworten, und wendet sich noch einmal der Frau zu mit den Worten:
"Dein Glaube hat dir geholfen: geh hin in Frieden!"
Was für eine großartige Begegnungsgeschichte, ein Meisterstück auch der Erzählkunst des Evangelisten Lukas! Ob der große Theologe und Ablasshändler Johann Tetzel diese Geschichte gekannt hatte? Verinnerlicht hatte er sie jedenfalls nicht oder erst, nachdem er von seinem schändlichen Ablassgeschäft abließ.
Möge der barmherzige Gott noch viele Menschen mit dieser Geschichte von seiner Gnade und Barmherzigkeit überzeugen und zu neuen Gotteserkenntnissen führen. -AMEN-
Wir hören nun eine Liedstrophe von der Barmherzigkeit.
Seid barmherzig, seid barmherzig, /übt euch in Barmherzigkeit! / So lehrt Jesus seine Jünger, / wie es Lukas uns beschreibt. / Bringt die Botschaft in die Welt, / die ihr seid von ihm erwählt, / ihr, des Allerhöchsten Kinder, / und des Bösen Überwinder!
Lasset uns beten: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Lieber Herr Jesus Christus. Du hast die Sünderin nicht von dir gewiesen, die Sprache ihrer Gesten verstanden und mit Worten der Barmherzigkeit beantwortet. Dafür danke ich dir und bitte für die vielen Menschen in ihren Verstrickungen um einen Ausweg zum inneren und äußeren Frieden. Zeige mir Möglichkeiten und gib mir Gelegenheiten, an deinem Heilswerk mitzuwirken.
Mit deinen Worten rufen wir zum Vater:
VATER UNSER IM HIMMEL.............-AMEN-
Zum Beschluss erklingt eine kleine Fughette zum Anfangsmotiv der Melodie "Ach bleib mit deiner Gnade".
"Unverhofft kommt selten oft", sagt ein Sprichwort mit gewissem Augenzwinkern. Das sind die Gelegenheiten Gottes, eines Menschen Füße auf weiten Raum zu stellen, und unsere Gelegenheiten, seine Barmherzigkeit weiterzuvermitteln, andere Menschen froh zu machen. Solche Gelegenheiten wünschen Ihnen mit herzlichen Grüßen
Ihr Pfarrer Manfred Greinke, Duo Pepper, Gabriele Kerstan und Ulrike Lau-Hartl.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. -AMEN-