Der Reisebericht wurde von Herrn Pfarrer i. R. Alexander Schlierf geschrieben und mit freundlicher Genehmigung auch als Hörformat von Frau Ulrike Lau-Hartl besprochen.
Man konnte schlicht nur begeistert sein von unserem letzten Besuch bei unserer evangelisch-lutherischen Partnergemeinde Neustrelitz-Kiefernheide in Mecklenburg-Vorpommern vom 30. Oktober bis 3. November 2024!
Wir waren Gäste und fühlten uns von unseren Gastgebenden in Neustrelitz nicht nur herzlichst willkommen, sondern uns auch drei Tage lang stets auf Händen getragen. Schon im Vorfeld perfekt organisiert von Pfrin. Annalena Hardinge traf sich die achtköpfige Reisegruppe am Mittwoch, 30. Oktober, pünktlich um 8.20 Uhr am Bahnsteig in Vilshofen. Zum erstem Mal per Zug bzw. ICE ging es von Passau nach Berlin-Hauptbahnhof, wo man in den Regionalzug direkt nach Neustrelitz umstieg.
Foto: Rosenow
Dort wurden wir gleich am Bahnhof von Pfrin. Katharina Rosenow und ihrem Partnerschaftausschuss von Annelise Handl, der Vertrauensfrau von dortigen Kirchenvorstand, aufs Herzlichste begrüßt und sofort in unsere Unterkunft, Pension/Gasthaus Luisenstube ziemlich mitten in der Altstadt von Neustrelitz gebracht, wo wir die vier Nächte gemütlich-feudal untergebracht waren und auch jeweils den Tag mit einem gemeinsamen und reichhaltigen Frühstück beginnen konnten.
Zunächst gab es aber am Mittwochabend ein gemeinsames Abendessen mit der Neustrelitzer Gemeinde mit einer gegenseitigen Kurzvorstellung von Personen und den beiden Partnerkirchengemeinden Vilshofen-Eging und Neustrelitz-Kiefernheide mit Dammwolde. Dabei zeigt eine große Bilderwand die lebendigsten Szenen einer mittlerweile über 30-jährigen Partnerschaft. Nur zwei aus unserer Reisegruppe hatten den Vorteil, dass sie mehrjährige Freundschaften schnell wieder auffrischen konnten, die anderen waren aber unkompliziert vorgestellt und fanden auch flugs ein Gegenüber aus Neustrelitz, so dass einem weiteren Kennenlernen, das aber aufgrund der langen Anreise nicht mehr zu lange ausgedehnt wurde, nicht mehr im Wege stand.
Zum Reformationsfest am drauffolgenden Tag gab es dann einen sehr gut besuchten Erklär- und Familiengottesdienst, bei dem Pfarrerin Katharina Rosenow mit Gitarre und kleinen Songs zum Mitsingen spürbar ganz in ihrem Element war. Abgerundet wurde dieser Gottesdienst, in dem auch lutherische Identität unaufdringlich informativ vermittelt wurde, mit einem gemeinsamen Mittagessen, bei der die an diesem Tag unvermeidliche Kürbissuppe die Hauptrolle spielte.
Foto: Rosenow
Frisch gestärkt ging es dann am Nachmittag zu einem echten Highlight für alle Natur- und Wanderfreunde; denn auch dicht neben Neustrelitz befindet sich ein traumhaft schöner Nationalpark in Form eines sehr ursprünglichen Buchen- und Eichenwaldes, der dort in den letzten drei- bis vierhundert Jahren relativ ungestört heranwachsen konnte. Von Otto Woit, einem lizenzierten Nationalparkführer, und Dr. Peter Stüve von der Stadtkirchengemeinde Neustreltiz wurde den Gästen auch wirklich jede Besonderheit dieses einmaligen Walderlebnisses aufs Genaueste direkt am lebendigen Objekt erklärt. So erfuhr man alles über das Liebesleben der Bäume und ihre symbiotischen Lebensgemeinschaften mit den bemerkenswert reichhaltigen Pilzkulturen. Auch einen Einblick in die dortige jederzeit sehenswerte Vogelwelt und die ursprüngliche, eiszeitlich Topografie gab es auf dieser liebevoll präsentierten Wanderung von knapp drei Kilometern nach Serrahn, einem alten Forsthaus mit kleinen Naturkundemuseum, bei dem schon seit alters Getränke ausgeschenkt wurden. Dieser Tradition folgend wurden die Gäste dort mitten in herrlicher Natur mit Kaffee und Kuchen bewirtet, was natrülich äußerst willkommen war.
Foto: Rosenow
Abgerundet wurde der Tag mit einem gemütlichen Abend im Gemeindehaus in Kiefernheide. Das gemeinsame Pizzabacken und Pizzaessen machte viel Spaß und nahtlos fanden sich Spielkartengruppen und andere Brettspielgruppen zusammen. Dieser Abend wurde in gesittet feucht-fröhlichen Runden etwas länger ausgedehnt, vermittelt das Gemeindehaus in Kiefernheide bei Bedarf doch eine lustvolle Gemütlichkeit.
Der so ganz andere Charakter der Neustrelitzer Stadtkirche spielte dann bei einer Kirchenführung am Folgetag, Freitag, 1. November, die Hauptrolle. Große, weite Kirchenräume erinnern bei Hineingehen eher an ein Theater, denn an einem Sakralraum. Dass es sich um eine Kirche handelt, wird aber nach den ersten paar Schritten schnell klar. Ein möchtiges querlaufendes Kirchenschiff mit einer doppelreihigen, zweistöckigen Emporenkonstruktion und einem fast fünf Meter hohen Kanzelaltar korrespondiert mit einer nicht minder kleineren Orgel. Bei großen Konzertprojekten, die man mindestens einmal im Jahr zur Aufführung bringt, passen dann schon mal 3000 Besucherende in diese Kirche, die dann quasi auch als Stadthalle fungiert. Da bedeutende Neustrelitzer Bürger über die Jahre hinweg immer wieder mal etwas zugestiftet haben, wartet die Stadtkirche zwar nicht mit einem homogenen spätklassizistischen Baustil auf, ist aber in ihrer gemräumigen Funktionalität durchaus beeindruckend. Entsprechendes gilt auch für den imposanten, 120 Meter hohen Stadtkirchenturm mit Besucherterrasse und am höchsten Punkt mit vergoldeten Kreuz, das Ankommenden bei entsprechender Witterung schon in 40 km Entfernung den Weg in die Stadt weist. Wer die vielen Stufen zur Aussichtsplattform nicht scheut, kann von dort oben in einem herrlichen Panorama mit drei Seen auch den kam verbauten sternförmigen, barocken Grundriss der Stadt bewundern. Auch ein Weg, der sich für jeden Besuchenden lohnt.
Foto: Rosenow
Nach einem gemeinsamen Mittagessen in der Luisenstube ging es dann in die Stadt, wieder begleitet durch die kundige Führung von Otto Woit, der uns die Geschichte des nicht mehr vorhandenen Schlosses und des dazugehörigen Parks lebendig näher brachte. Dazu gehört auch, dass die Neustrelitzer ihr im zweiten Weltkrieg zerstörtes Schloss wieder aufbauen wollen. Ein Wiederaufbauverein kümmert sich darum. Noch vorhanden sind die im 19. Jahrhundert von Wilhelm Buttel, einem Schinkel-Schüler, errichtete Schlosskirche und Orangerie. Letztere vermittelte bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken einen besonderen Kunst- und Gaumengenuss, den sich in den neu renovierten Räumlichkeiten und durch das exzellente Kuchenangebot kein Besucher entgehen lassen sollte.
Doch der Kunstgenuss sollte an diesem Tag noch einmal stark getoppt werden, wenn auch auf ganz andere Art. Zwar spielt ein neu saniertes historisches Gebäude, nämlich das Theater, auch hier eine Rolle. Die Hauptrolle spielte aber jetzt eindeutig die Deutsche Tanzkompanie, die mit dem Stück "Schweben/Der Tod und das Mädchen" ein echtes, neunzigminütiges Highlight moderen Ausdruckstanzes zelebriete, was vom Publikum auch mit einem fünfzehnminütigen Beifallssturm honoriert wurde.
Foto: Rosenow
Ganz andere Interessen, aber genauso fesselnd und spannend, wurden am Samstagvormittag, 2. November, bedient. Denn da kamen alle Technik- und Wissenschaftsfreaks voll auf ihre Kosten. Jens Pollex hatte eine Tour duch die Bodenstation der DLR (Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt) organisiert und als technischer Mitarbeiter dieser Satelittenbodenstation auch die erklärende Führung übernommen. Welche sinnvollen Umlaufbahnen für Satelitten gibt es? Was können diese? Wie kommen die Daten zur Erde? Und wer kann was damit anfangen? All diese Fragen wurden direkt vor Ort am Objekt, sozusagen im laufenden Betrieb im Schatten von vier riesigen Parabolantennen beantwortet. Da jede DLR-Bodenstation auch über eine Schulungseinheit verfügt, konnte eine Teilgruppe dort auch noch spannende Experimente zur grundlegenden Physik der Raumfahrt erleben, während die andere Teilgruppe mit anschaulichen Erklärungen bis zum eigentlichen Arbeitsplatz von Jens Pollex, dem Rohdaten- und Arbeitsdatenarchiv, einem Sicherheitsbereich, den man gewiss nicht alle Tage zu Gesicht bekommt, vordringen durfte.
Ein gemeinsames Mittagessen in Kiefernheide rundete auch diese ganz besondere Veranstaltung ab. Gemütlich urig wurde es dann wieder am Abend in Kiefernheide, was nicht nur an der Holzfeuerbeleuchtung des Gemeindehauses in Kiefernheide lag, schon eher am zwölfköpfigen Jagdhornbläserensemble mit seiner konzertanten Intrade zum Huberuts-Gottesdienst. Stilecht briet ein ganzes Wildschwein am Spieß vor dem Gemeindehaus, dem nach dem Gottesdienst das Signal: "Sau- ist - tot" gewidmet wurde. So zauberte die Neustrelitzer-Kiefernheide-Kirchengemeinde noch einmal am Abschlussabend ihr einzigartiges und unverwechselbares Stimmungsflair bei Wildschwein am Spieß, Salaten, Schmalzstullen und Glühwein, bei dem alle auf ihre Kosten kamen und so den Abend bei ausführlichen Gesprächen bis zur Neige auskosteten; denn am nächsten Morgen hieß es um 10.00 Uhr Abschied nehmen.
Eine schöne Runde von neu lieb gewonnenen Neustrelitzern brachte die bayerische Reisegruppe zum Zug in die Heimat, wobei jeder Gast noch eine Geschenktüte erhielt, zu der Dieter Mülling, der Neustrelitzer Strelitzien-Züchter, für jeden Gast eine Pflanze zum Mitnehmen beisteuerte. Schon beim Umsteigen in Berlin war sich die Reisegruppe bestehend aus Erika, Frauke, Lothar, Annalena, Georg, Simon, Gabriele und Alexander, schnell darüber einig, dass dieser Besuch durch die engagierte Herzlichkeit der Gastgebenden die Partnerschaft der Kirchengemeinde auf ein ganz neus Niveau befördert hat.